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Octobre 1915-Mars 1916 - Infanterie wurtembergeoise n° 120
Texte en langue allemande
 


Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment nr 120 im Weltkrieg
Oberst H. Flaischlen
Ed. Stuttgart, 1921


Saarburg und Avricourt.
23. Oktober 1915 bis 11. März 1916.

Das II. Bataillon in und bei Vic wurde dort sofort zu Schanzarbeiten herangezogen. Um ihm Gelegenheit zur Ruhe und zur Ausbildung zu geben, wurde es am 1. November durch das III. abgelöst.

Die Verhältnisse in Saarburg waren in jeder Hinsicht sehr günstig, weniger in Dolfingen und Zittersdorf, 2 vom Regiment vorübergehend belegte Nachbarorte. Man setzte Anzug und Ausrüstung instand und merzte die Schäden aus, die in Rußland an Waffen, Pferden, Fahrzeugen usw. entstanden waren. Allmählich begannen auch die Übungen. Die Weiterbildung der jungen Dienstgrade und der nur flüchtig ausgebildeten Landsturmleute wurde eifrig betrieben.
Um Stimmung, Geist und Kameradschaft zu heben, befahl der Regimentskommandeur sogenannte Kompagnieabende. Eine oder zwei Kompagnien versammelten sich hiezu bei Musik und Freibier in einem Wirtshaus. Offiziere hielten Vorträge über die Welt- und Kriegslage, Sänger, Zitherspieler, Deklamatoren und Komiker ließen sich hören, Turner und Schauspieler befriedigten die Schaulust, Gäste kamen, auch tanzlustige weibliche.
Im Offizierskorps fanden taktische Besprechungen und Geländereiten statt, aber auch im Kasino Vorträge über nichtmilitärische Gegenstände.*) Und wie das Verhältnis von Offizieren und Mannschaft war, dafür mag ein Beispiel berichtet werden. Im Regiment waren bei den Verwendungen, von denen nachher erzählt werden soll, ziemlich viel Leute erkrankt. Als nun einmal der Regimentskommandeur zum Besuch ins Lazarett kam, da empfing ihn die Krankenschwester mit den Worten: „Ja natürlich; nach den Württembergern, da sehen ihre Offiziere immerzu, um die andern kümmert sich kein Mensch." Nie aber kam der Regimentskommandeur in das Lazarett ohne einen großen Vorrat von getrocknetem Obst und ähnlichen für Kranke erlaubten Leckereien.
Bei einem Kompagnieabend sangen in demselben Gesangverein 2 Brüder mit, der 3. dirigierte; es waren ein Leutnant, ein Unteroffizier und der Dirigent ein Gefreiter, im bürgerlichen Beruf Lehrer.
Der Höhepunkt der Saarburger Zeit war aber ein Besuch unseres Königs am 29. November. Im großen Kasernenhof standen die württen, bergischen Truppen der Division, Seine Majestät schritt die Front ab und sprach viele Leute an. Dann hielt er eine Rede, auf welche der älteste württembergische Offizier, Generalleutnant von Fritsch **) antwortete. Es folgte ein Vorbeimarsch, nach diesem begab sich der König zum Frühstück in das Offizierkasino des Regiments, wo ihm an dem kalten Novembertag heiße Schützenwurst mit Sauerkraut vorzüglich schmeckte. Nach dem Frühstück fuhr er fort zum Besuch anderer, in der Gegend befindlicher Württemberger, kehrte aber zum Abendessen zu uns zurück.

In Saarburg war damals an Essen und Trinken alles zu haben, aber zu unsinnig teuren Preisen. Denn die Einwohner beeilten sich nach Kräften, an der Einquartierung reich zu werden. Die Offiziere, auf das Abendessen im Wirtshaus angewiesen (mittags aß man gemeinsam im Kasino, die Zutaten zu der gelieferten Verpflegung kosteten 1.20 Mk. täglich), wurden hier schamlos ausgenützt, bis es gelang, im Kasino ein zwar sehr einfaches, aber billiges Abendessen einzurichten.
Am 7. Februar war für das Regiment eine große Demonstration befohlen, um die Aufmerksamkeit des Feindes von andern Stellen der Front abzulenken. Beim Abmarsch glaubte jedermann, es gehe ernstlich an den Feind, nur der Regimentskommandeur wußte Bescheid. Aber singend und jubelnd zogen die Kompagnien hinaus.
Während des Aufenthalts in Saarburg lösten wir wiederholt andere Regimenter aus der Front ab, damit dieselben ausruhen konnten. Dies geschah vom 8.-17. November bei Vaucourt-Remoncourt und vom 2.-16. Dezember südwestlich Avricourt. Vom 1.-19. Januar 1916 mußten die Bataillone des Regiments hinter der deutschen Front schanzen. Von Mitte Februar bis 10. März 1916 hatte das Regiment wieder eine Stellung besetzt, westlich Avrieourt, bei Leintrey.
Die Schützengräben, die in Frage kamen, waren in allen 3 Fällen recht gut ausgebaut, der Feind verhielt sich ruhig, die Zahl der Verluste blieb gering. Aus der Zeit des zweiten Einsatzes, 2.-16. Dezember ist aber etwas Besonderes zu berichten.
Es regnete. Es regnete nicht einen normalen Regen, sondern es goß und goß weiter. Und wenn der Regen einen Augenblick aussetzte, gewissermaßen um neue Kräfte zu sammeln, so fiel in der Zwischenzeit Schnee. Der Boden wurde grundlos, die Schützengräben zu Bachbetten, aus denen heraus man flüchten mußte, aus dem Wasser auf das sumpfig weiche Ufer. Bei den Franzosen war es noch schlimmer, denn ihre Stellung lag tiefer. Da stand man sich gegenüber, deckungslos, und hielt Waffenruhe.
Man schöpfte Wasser, baute Abzugsgräben und nützte die Lage aus. Z. B. schritt ein Unteroffizier die Entfernung zum Gegner über einem deutschen Minenstollen ab, scheinbar ganz harmlos; jedem begegnenden Franzosen schenkte er eine Zigarre. Die Zahl der Kranken aber schwoll in dieser Zeit trotz aller Vorbeugungsmaßregeln sehr an. Doch Stimmung und Humor im Regiment konnten all diese Übel nicht beugen.

* Hiebei sprachen Oberstleutnant Fromm, Oberleutnant Fischer, Dr. Malade u. a. Auch sebr viel musiziert wurde an diesen Abenden.
** Sein Bild siehe Titelbild.
 

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