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Août 1914 - La campagne de Lorraine vue par les Allemands
  Texte en langue allemande
 


Wissen und Wehr v. 2
1921
Ed. Berlin


Der Feldzug in Lothringen 1914.
Von Oberst Ritter von Ruith, Chef des Stabes der 7. Division.
Mit drei Skizzen.

Während der rechte Flügel des deutschen Heeres sich in den ersten Augustwochen 1914 den Aufmarschraum in Ostbelgien für die große Offensive gegen Frankreich erkämpfte und ebenso wie die Mitte einzig und allein dem in uns großgezogenen Angriffsgedanken lebte, sah sich der linke Flügel vor die ungleich härtere, schwierigere Aufgabe gestellt, die Abwehr einer vermutlich stark überlegenen französischen Offensive gegen die Reichslande und den Schutz der linken Flanke der Hauptoperation zu übernehmen.
Eine nachträgliche Kritik darf zunächst an der Tatsache nicht vorbeigehen, daß diese Doppelaufgabe voll und gründlich gelöst worden ist. Und wenn freilich auch mit dieser Doppelaufgabe, wie gezeigt werden wird, die Rolle der deutschen Streitkräfte in den Reichslanden noch keineswegs erschöpft war, so darf doch auch an die Art der Lösung der übrigen Aufgaben nicht der Maßstab der heutigen Kenntnis von Ereignissen angelegt werden, die damals noch im Schoß einer völlig ungewissen Zukunft ruhten.
Die folgenden Ausführungen haben keineswegs den Hauptzweck, zu kritisieren. Sie sollen den bis jetzt noch wenig bekannten Gang und Zusammenhang der deutschen Operationen in Lothringen bei Kriegsbeginn in großen Zügen darstellen. Ich stütze mich dabei in der Hauptsache auf die Feldgugsakten des Armee-Oberkommandos 6, in die mir vom Reichsarchiv in dankenswerter Weise Einblick gewährt wurde. Einer möglichst gerechten Beurteilung der Entschlüsse und Maßnahmen glaubte ich am besten dadurch zu dienen, daß ich die Ereignisse im wesentlichen vom Standpunkt des A. O. K. 6 aus zu schildern und auch das Bild der Lage so zu geben suchte, wie es sich in den Augen des A. O. K. 6 von Tag zu Tag entwickelte.
Es sind vor allem drei Fragen, die über die Entstehung und die Folgen der „Schlacht in Lothringen" vielfach erörtert werden: Warum hat man damals die Franzofen nicht noch weiter in die Falle zwischen Nied und Saar hereinlaufen lassen, um sie dann vernichtend zu schlagen ?
Warum hat man die Verfolgung nach errungenem Siege nicht früher abgebrochen, um Kräfte zur Verstärkung des feldzugsentscheidenden rechten Heeresflügels freizumachen ?
Und warum ist es trotz der bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit der 6. und 7. Armee mit allen ihren Teilen durchgeführten Verfolgung nicht gelungen, so starke französische Kräfte zu binden, daß der rechte deutsche Flügel die Entscheidung wirklich bringen konnte?
Diese drei anscheinend selbständigen Fragen stehen tatsächlich in engem, organischem Zusammenhang, den zu zeigen ebenfalls versucht werden soll.
Um sie zu beantworten, müssen wir ausgehen von der Au fg a b e, die dem Oberbefehlshaber in den Reichslanden von der O. H. L. gestellt war, den Streitkräften, die ihm zur Verfügung standen, und der operativen Bereitstellung dieser Kräfte durch den Aufmarsch.
Die Aufgabe war uns schon im Frieden nicht unbekannt. Namentlich öer bayerische Generalstab, der erwartete, daß ihm deren praktische Lösung zufallen würde, hat sich viel mit ihr befaßt und die Reisen seiner Zentralstelle wiederholt nach Lothringen verlegt. Eine derartige Reife fand z. B. im Frühjahr 1912 unter Leitung des damaligen Obersten und Chefs des bayerischen Generalstabes Krafft v. Dellmensingen, bei Kriegsausbruch Chef des Generalstabes der 6. Armee, statt. Sie endete mit der Einkesselung der zwischen Metz und den Vogesen vordringenden roten (französischen) Partei. Dabei mögen allerdings, zum Schaden des roten Führers, von der Leitung zwei Momente nicht ihrem vollen Werte nach eingeschätzt worden sein - weil eben erst der Krieg sie in das wahre Licht gerückt hat: die außerordentliche Stärke der Verteidigung und die Eigenart der französischen Taktik. Beides hat auch die deutsche Führung im Anfang des Krieges erheblich erschwert, und das erklärt manches, was sonst kaum verständlich erscheint.
Beim Kriegsausbruch wurden den A. O. K.s ihre Aufgaben durch die Aufmarschanweisung zugeteilt, die ihnen gleichzeitig mit dem Mobilmachungsbefehl zuging.
Die Aufmarschanweisung der 6. Armee enthielt darüber folgendes: Die deutschen Hauptkräfte werden durch Belgien und Luxemburg nach Frankreich vorgehen. Ihr Vormarsch ist, falls die deutsche Auffassung über den französischen Aufmarsch zutrifft, als Schwenkung unter Festhalten des Drehpunktes Metz-Diedenhofen durch die 5. Armee gedacht. Den Schutz der linken Heeresflanke haben neben diesen beiden Festungen die Heeresteile in den Reichslanden - 6., 7. Armee, höherer Kavallerie-Kommandeur 3 - unter dem gemeinsamen Oberbefehl des älteren Armeeführers zu übernehmen.
Über den Aufmarsch und die vermutlichen Operationen der Franzosen enthielt die Aufmarschanweifung eine umfangreiche Denkschrift, die der eigenen Auffassung ziemlich weiten Spielraum ließ, aber in der unzweideutig ausgesprochenen Annahme gipfelte, daß die Franzosen, ihren allgemeinen taktischen Ansichten entsprechend, zunächst strategisch defensiv bleiben würden, um dann mit starken, in zweiter Linie zurückgehaltenen Kräften zum Gegenangriff unter Ausnutzung der Befestigungen vorzugehen.
Auf diesem Grundgedanken aufbauend, hatte sich der deutsche Generalstab den französischen Aufmarsch so zurechtgelegt, wie ihn Skizze 1 zeigt.
Es wurde sogar mit einer noch größeren, weiter nach Westen greifenden Tiefe des Aufmarschraums der „armees de manoeuvre" gerechnet.
Für den großen französischen Gegenangriff bezeichnete die Aufmarschanweifung drei Richtungen als möglich, ohne sich über die Wahrscheinlichkeit der einen oder anderen näher zu äußern: Südlich von Metz, beiderseits Verdun oder nordwestlich Verdun.

Über die Durchführung der Sonderaufgabe der deutschen 6. und 7. Armee enthielt die Aufmarschanweisung noch weitere Angaben, die ihrer Wichtigkeit wegen wörtlich angeführt werden müssen: „Die Aufgabe des gemeinsamen Oberbefehlshabers ist es, gegen die Mosel unterhalb Frouard und die Meurthe - unter Wegnahme des Forts Manonviller - vorzugehen, um die hier versammelten französischen Kräfte festzuhalten und ihren Abtransport nach dem linken französischen Heeresflügel zu verhindern."
Dies bedeutete eine erhebliche Erweiterung des allgemeinen Auftrags: „Schutz der linken Heeresflanke", und stellte dessen offensive Lösung in erste Linie. Wenn dieser offensive Auftrag, der vom A. O. K. 6 jedenfalls sehr lebhaft aufgegriffen wurde, dazu beigetragen haben sollte, den Gedanken an eine Schlachtentscheidung gegenüber der Lösung der operativen Aufgabe in den Hintergrund treten zu lassen, so wäre dies durchaus verständlich.
Die Aufmarschanweisung sagt weiter: „Diese Aufgabe - Vorgehen gegen Mosel und Meurthe - kann dadurch hinfällig werden, daß die Franzosen ihrerseits zwischen Metz und den Vogesen mit überlegenen Kräften zum Angriff vorgehen. Werden die Heeresteile in den Reichslanden dadurch zum Ausweichen genötigt, so sind ihre Bewegungen so einzurichten, daß eine Bedrohung der linken Flanke der deutschen Hauptkräfte - durch Umfassen oder Durchbrechen der Nied-Stellung seitens der Franzofen - verhindert wird. Die 6. Armee hat daher auch im Bedarfsfalle Kräfte zur Verstärkung der Besatzung der Nied-Stellung abzugeben." Diese Nied-Stellung begann am Nied-Knie südöstlich von Metz mit einem schon im Frieden vorhandenen Stützpunkt, sollte in ihrem ganzen Verlauf bis zur Mündung in die Saar bei Rehlingen durch Armierungsarbeiten ausgebaut und von gemischten Landwehrbrigaden besetzt werden.
Für den Fall eines „überlegenen" französischen Angriffs sah also die O. H. L. ein Ausweichen der Streitkräfte in den Reichslanden vor, ließ aber im übrigen dem Oberbefehlshaber weitgehendste Bewegungs- und Entschlußfreiheit. E r mußte erkennen, ob er es mit „überlegenen" Kräften zu tun habe, er mußte entscheiden, ob danach ein Ausweichen nötig oder zulässig war, e r mußte dann den Augenblick, das Tempo und die Grenzen für die Ausweichbewegung finden und sich schließlich vielleicht doch entscheidend schlagen. Und für all das war er - nach der Aufmarschanweisung - auf seine eigenen Kräfte allein angewiesen, ja sollte diese sogar „im Bedarfsfalle" zugunsten der außerhalb seines Bereichs liegenden Nied-Stellung noch schwächen.
Dieser Auftrag schloß also schon große Schwierigkeiten und ein gewaltiges Maß von Verantwortung für den Oberbefehlshaber in sich.
Die Aufmarschanweisung sah aber noch einen dritten Fall vor:
„Treffen die 6. und 7. Armee nichtauf überlegene französische Kräfte, so kann das Eingreifen von Teilen der 6. Armee und des H.K.K.3 über Metz oder südlich in Kämpfe auf dem linken Moselufer in Frage kommen.
Inwieweit diese Möglichkeit bei der Gliederung zum Vormarsch gegen Mosel und Meurthe berücksichtigt werden kann, muß der gemeinsame Oberbefehlshaber entscheiden."
Der Kreis der Erwägungen, die das Oberkommando für die Führung der Operationen anzustellen hatte, wurde durch diesen neuen, aus dem Rahmen feiner eigentlichen Aufgaben herausfallenden Gesichtspunkt noch wesentlich erweitert. Eine Möglichkeit, schon bei der Gliederung zum Vormarsch gegen den Feind zu erkennen, ob Kräfte für Kämpfe westlich der Mosel bereitgestellt werden könnten, läßt sich schwer vorstellen. Jedenfalls lag in diesem Auftrag eine weitere Schwierigkeit für die Entschlußfafsung beim Oberkommando.
Bekanntlich ist ein solches Eingreifen von Teilen der 6. Armee - III. bayerisches Armeeekorps - westlich der Mosel tatsächlich erfolgt und hat zur Erzwingung des Maasübergangs bei St. Mihiel geführt. Aber zu diesem Eingreifen ist es erst nach Abschluß der Operationen östlich der Mosel gekommen, es hat mit dem hier zu behandelnden Feldzug in Lothringen nichts mehr zu tun.
Alles in allem stellte die Aufmarschanweisung hohe Anforderungen an die taktische Befähigung und Verantwortungsfreudigkeit des Oberbefehlshabers und feines ersten Beraters. Die Aufgabe konnte nur bei dauerndem, engstem Zusammenarbeiten zwischen dem A. O. K. und der O. H. L. gelöst werden, und eine klare Abgrenzung der Verantwortlichkeit für den einen oder andern Entschluß war zwischen beiden hohen Kommandostellen unerläßlich. Tatsächlich hat auch ein ziemlich reger Meinungsaustausch zwischen ihnen stattgefunden, dessen wesentlichste Punkte im folgenden berührt werden und einiges Licht auf die schwer zu beantwortende Frage der Verantwortung zu werfen vermögen.
Die Streitkräfte in den Reichslanden, die all diese Aufgaben zu lösen hatten, bestanden aus der 6. Armee unter Kronprinz Rupprecht von Bayern und 3 Kavalleriedivisionen, die in Lothringen, und der 7. Armee unter Generaloberst v. Heeringen, die im Elsaß aufmarschierten.
Der Aufmarschraum der 6. Armee war im Westen begrenzt durch das Festungsgebiet von Metz, im Süden durch die Reichsgrenze, im Osten durch die Vogesen, im Norden durch die Linie Bolchen-Zweibrücken (siehe Skizze 2). Die Armee bestand aus den 3 bayerischen und dem XXI. preußischen Armeekorps in erster, dem I. bayerischen Reservekorps in zweiter Linie. Von den 3 Kavalleriedivisionen, die unter dem H.K.K. 3, dem bayerischen General der Kavallerie Ritter v. Frommel, vereinigt wurden, sammelte die 8. bei Delme, die bayerische bei Château-Salins und die 7. bei Saarburg.
Die 7. Armee, bestehend aus dem XIV. und XV. Armeekorps, dem XIV. Reservekorps und mehreren gemischten Landwehrbrigaden, marschierte beiderseits des Rheins südlich der Linie -Brumath auf.
Nach der Aufmarschanweisung waren ihr 2 italienische Kavalleriedivisionen zugedacht: einen Ersatz für sie hat sie nicht erhalten. Die Armee sollte das Oberelsaß schützen, solange sie nicht von überlegenen Kräften angegriffen würde. In diesem Falle sollte sie sich hinter den Rhein, die Festung Straßburg und die Breusch-Stellung zurückziehen, diese halten, ihre Hauptaufgabe aber darin erblicken, möglichst starke Teile zu einem unmittelbaren Zusammenwirken mit der 6. Armee zu bringen.

 

Auch auf den Aufmarsch der 5. Armee unter dem deutschen Kronprinzen müssen wir noch einen Blick werfen, da diese, obgleich bereits zur Offensivgruppe des deutschen Heeres gehörend, doch im engsten Anschluß an die 6. Armee bereitgestellt wurde und von den Ereignissen bei dieser unter Umständen mitbetroffen werden konnte. Die Armee hatte 3 Armee und 2 Reservekorps und 1 Kavalleriedivision. Ihr Aufmarschgebiet, zu dem auch die Festungen Metz und Dudenhofen gehörten, reichte zurück bis zur Linie Zweibrücken-Homburg. Diese auffallende Tiefe sollte die Armee nach der Aufmarschanweisung befähigen, während der Aufmarschbewegung mit Teilen in etwaige Kämpfe südöstlich Metz einzugreifen. Aber auch beim Vormarsch sollte sie diese tiefe Staffelung beibehalten, so daß beim A. O. K. 6 der Eindruck erweckt wurde, daß es nötigenfalls doch auf eine Unterstützung durch die 5. Armee rechnen könne.
Zum gemeinsamen „Oberbefehlshaber in den Reichslanden" wurde am 10. August 1914, am Tage nach dem Eintreffen des A.O. K. 6 im Aufmarschgebiet (St. Avold), Kronprinz Rupprecht von Bayern ernannt. Damit ging zu den übrigen schwierigen Aufgaben des A. O. K. 6 auch noch die Sorge um das Oberelsaß und die Operationen der 7. Armee auf ihn und seine Berater über.

Als der Oberbefehlshaber mit seinem Stabe am 9. August 1914 in St. Avold eintraf, hatten im Bereiche der 6. Armee nennenswerte Gefechtsberührungen mit dem Feinde noch nicht stattgefunden. Abgesehen von einem Vorstoß von Teilen einer französischen Kavalleriedivision am 5. August über Vic nach Château-Salins, die tags darauf wieder vor der bayerischen Kavalleriedivision schleunigst über die Grenze zurückgingen, verhielt sich der Franzose völlig abwartend. Er schanzte auf dem brückenkopfartig dem Moseltal östlich vorgelagerten, das Gelände bis zur Südfront von Metz und dem Delmer Rücken beherrschenden Höhenzuge Ste. Genevieve-Mt. Toulon-Mt. St. Iean-Grand Mont und an vielen Stellen des breiten Grenzrückens zwischen Brin a. d. Seille undLagarde. Eine dichte Kette von Postierungen hatte bisher die Aufklärung der Heereskavallerie fast gänzlich verhindert, der im übrigen etwa gleichstarke französische Kavallerie dicht jenseits der Grenze gegenüberstand. Gerade am 9. August war eine Unternehmung der bayerischen und 7. Kavalleriedivision im Gange, die unter Führung des H. K. K. 3 bei Avricourt die Grenze überschritten hatten, um die östlich des Sperrforts Manonviller in der Stärke von 1 bis 2 Divisionen gemeldete feindliche Heereskavallerie aus dem Felde zu schlagen und durch die so geschaffene Bresche im französischen Grenzschutz die strategische Aufklärung in das feindliche Aufmarschgebiet vorzutreiben. Die französischen Kavalleriemafsen, auf die man östlich des Forts tatsächlich stieß, nahmen jedoch den Kampf nicht an, sondern zogen sich unter die Kanonen des Sperrforts zurück. Es gelang nur noch, durch Artilleriefeuer einer auf der Straße Blâmont-Lunéville zurückreitenden Kolonne von Kavallerie und Artillerie Verluste beizufügen und ihr Rückzugstempo zu beschleunigen. Die deutschen, in großer Tiefe angesetzten Aufklärungseskadrons vermochten aber auch jetzt nicht durchzudringen.
Da auch die Fliegeraufklärung noch keine wesentlichen Ergebnisse gezeitigt hatte, empfing das A. O. K. 6 den Eindruck, daß Vorbereitungen für eine feindliche Offensive vor seiner Front nicht im Gange seien.
Dagegen kamen vom A. O. K. 7 alarmierende Nachrichten. Die Franzosen hatten am 8. August abends mit starken Kräften Mülhausen besetzt, man sprach von „ernsten Kämpfen" in dieser Gegend und außerdem von einem überlegenen französischen Angriff auf Markirch-Diedolshausen (s. Skizze 1). Das A. O. K. 7 entschloß sich nach einer Anfrage bei der O. H. L., die mit den Worten beantwortet wurde: „Die Armee hat vollständige Operationsfreiheit" - zum Gegenangriff mit der ganzen Armee.
Sie erbat bei der 6. Armee Unterstützung der Offensive durch Vorgehen gegen Baccarat-Raon l'Etape und St. Die, um die dort gemeldeten feindlichen Kräfte zu binden.
Das A. O. K. 6 zögerte nicht, dem Rufe zu folgen. Die 7. Kavalleriedivision und die schon operationsbereiten Teile des I. bayerischen Armeekorps sollten vom August ab in der bezeichneten Richtung vorstoßen, das XXI. Armeekorps durch Vorschieben seines linken Flügels diese Bewegung in der rechten Flanke decken und die Verbindung mit dem Gros der Armee aufrechterhalten.
Der Vormarsch des I. bayerischen Armeekorps stieß am 10. August auf keinen ernstlichen Widerstand. Er wurde jedoch bedeutend verlangsamt durch die äußerst feindselige Haltung der Bevölkerung und die außerordentliche Hitze und ganz eingestellt, als die Nachricht eintraf, daß die 7. Armee den Feind geschlagen und Mülhausen wiedergenommen habe.
Das Armeekorps war nur etwa 8 bis 10 Kilometer über die Grenzschutzstellungen hinausgekommen und rastete am 11. August in dem erreichten Raum Blâmont-Cirey und südlich. Auch für den 12. August war kein weiteres Vorgehen mehr geplant, doch führte an diesem Tage der selbständige Entschluß eines Kompagnieführers des bayerischen Infanterie-Leibregiments zur Einnahme von Badonviller und zum Vorschieben von Sicherungen bis auf die Höhen südlich und westlich der Stadt.
Unterdessen war aber beim A. O. K. 6 ein Wandel in der Auffassung der Lage eingetreten.
Die 7. Armee war, wie schon erwähnt, am 10. August dem A. O. K. 6 unterstellt worden. Sie hatte den ins Oberelsaß eingedrungenen Feind (VII. Armeekorps, Hauptreserve Belfort), geschlagen und über die Grenze zurückgeworfen, auch der Grenzschutz in den Vogesen hatte standgehalten und es war wieder Ruhe eingetreten. Dagegen war es vor der Front der 6. Arme selbst lebhafter geworden.
Schon am 10. August hatten die Franzosen eine nach Lagarde vorgeschobene Kompagnie des XXI. Korps mit großer Überlegenheit angegriffen und zum Rückzug gezwungen. Der Kommandeur der 42. Infanteriedivision entschloß sich - nicht aus taktischen, sondern aus moralischen Gründen -, dem Feinde seinen billigen Erfolg wieder zu entreißen. Er griff am 11. August mit seiner ganzen Division und der von Avricourt herbeigerufenen bayerischen Kavalleriedivision Lagarde von drei Seiten an und rieb die dort stehenden französischen Kräfte, etwa eine Infanteriebrigade mit Teilen einer Kavalleriedivision, allerdings unter nicht unbeträchtlichen eigenen Verlusten, fast völlig auf.
Dieses Gefecht brachte die ersten bestimmteren Nachrichten über den feindlichen Aufmarsch. In Lagarde hatte es sich um die Vorhut des XV. Armeekorps gehandelt, dessen Masse westlich der Grenze bis südlich Vic stand. Erbeutete Papiere ergaben ferner, daß der 6. deutschen gegenüber die 2. französische Armee (IX., XV., XVI. Armeekorps), außerdem das XX. und XXI. Armeekorps aufmarschierten. Beim A. O. K. 6 tauchte jetzt der Gedanke einer nahe bevorstehenden feindlichen Offensive auf: trotzdem hielt es an der Absicht fest, im Sinne der Aufmarschanweisung anzugreifen. Hierzu sollte die 7. Armee zwischen Saarburg und Straßburg versammelt und dann mit beiden Armeen die Offensive eröffnet werden. Immerhin sah sich das A. O. K. veranlaßt, bei der O. H. L. gleichzeitig mit der Meldung dieser Absicht anzufragen, ob der Vormarsch der 6. und 7. Armee gegen Mosel und Meurthe noch auszuführen sei und wann mit der Offensive begonnen werden dürfe. Die O. H. L. antwortete, daß ein solches Vorgehen nicht in ihrem Interesse liege.
Nun mußte also der Offensivgedanke bis auf weiteres fallen gelassen werden. Dies kam zunächst in der Weisung an das I. bayerische Armeekorps zum Ausdruck, seine weit vorgeschobenen Teile in die Gegend nördlich Badonviller zurückzunehmen und sich nur im Notfalle in Gefechte einzulassen. Auch die schon begonnenen Vorbereitungen zum Angriff auf das Sperrfort Manonviller wurden wieder eingestellt.
Im übrigen wurde aber in einer am 13. August mittags erlassenen Direktive des A. O. K. 6 ausgesprochen, daß ein Vorgehen der Armee vorläufig nicht im Sinne der O. H. L. sei, daß die Armee daher ihre Stellungen bis zum Herankommen der 7. Armee halten, ein Ausweichen vor dem Feind aber nur im zwingenden Notfalle anordnen werde. Für eine solche Notwendigkeit feien bis jetzt keine Anzeichen vorhanden. Den Truppen sei mitzuteilen, daß eine etwaige Rückwärtsbewegung nur vorübergehend sei, bis weitere Truppen eingetroffen wären, und daß dann dem Feinde ein „entscheidender Schlag versetzt werden" sollte.
Die Linie, die die 6. Armee zunachst halten wollte, zog sich vom Delmer Rücken über Château-Salins-Geistkirch-Bourdonnaye gegen Blâmont- Cirey. Der Abtransport der 7. Armee aus der Gegend von Mülhausen hatte am 13. August bereits begonnen und wurde der Beschleunigung halber auf beiden Rheinufern unter weitestgehender Ausnutzung der Eisenbahnen durchgeführt.
Das I. bayerische Armeekorps meldete am 13. August stärkere Ansammlungen vor feiner Front und hatte auch Anhaltspunkte für das Auftreten eines neuen (des VIII.) französischen Armeekorps gewonnen. Vor den übrigen Korps herrschte wieder völlige Ruhe. Das Tagebuch des A. O. K. 6 vermerkt an diesem Tage: „Eine kräftige französische Offensive wird im Armee-Hauptquartier nicht gerade für fehr wahrscheinlich gehalten." Erst der 14. August - genau der Tag, an dem die 6. Armee ihren Aufmarsch vollendet hatte und operationsbereit war - brachte die entscheidende Wendung. Schon am frühen Morgen traf eine Weisung der O. H. L. ein, deren wesentlicher Inhalt lautete: „Vor der Front der 6. Armee in und südwestlich Linie Pont à Mousson-Raon l'Etape wahrscheinlich 12 Armeekorps, 5 Kavalleriedivisionen um Luneville: dahinter bei Vezelise-Mirecourt 3 Armeekorps, je 1 Reservedivisions-Gruppe im Antransport auf Epinal und Toul. 6. und 7. Armee weichen überlegenem Angriff gegen die Saar aus." Diese Nachricht über die Versammlung stark überlegener französischer Kräfte gegenüber der 6. und 7. Armee ließ sich insofern durchaus mit dem nach der Aufmarschanweisung zu vermutenden französischen Aufmarsch in Einklang bringen, als sie eine Verstärkung der beiden Armeen bei Epinal und Nancy-Toul (vgl. Skizze 1) aus den „armées de manoeuvre" bedeuten konnte.
Gleichzeitig liefen unerfreuliche Nachrichten von der 7. Armee ein. Diese war nicht, wie man beim A. O. K. 6 mit Recht annahm, im vollen Abtransport nach Norden, sondern hatte sich durch ein erneutes, unerwartetes Vorgehen starker französischer Kräfte gegen Mülhausen und in den Vogesen, vor denen die dort belassenen Sicherungstruppen zurückgewichen waren, zum teilweifen Anhalten der Bewegung bestimmen lassen und stand zwischen Molsheim und Colmar.
Das A. O. K. 6 befahl nunmehr, alle Vorbereitungen für die von der O. H. L. angeordnete Ausweichbewegung gegen die Saar zu treffen. Als Ziel der Bewegung wurde die Linie Busendorf-Saarlouis-Saargemünd-Saarunion-Pfalzburg-Lützelburg angegeben, und zwar sollte das in zweiter Linie stehende I. bayerische Reservekorps an den rechten Flügel, an die Nied abwärts Busendorf, gezogen werden, während die übrigen Korps die Saarlinie oberhalb Saarlouis besetzen sollten. In dieser Linie sei, wenn nicht schon früher die Aufnahme der Offensive möglich, nachhaltige Verteidigung beabsichtigt. Für die Nachhuten wurden drei einheitliche Widerstandslinien bezeichnet:
a) französ. Nied - Rotte - Baronweiler - Rodalben-Bessingen- Saarburg-Lützelburg ;
b) deutsche Nied und Linie Lixingen-Hellimer-Insmingen-Saarunion,
c) für die Mitte Merlenbach-Kadenbronn-Saargemünd.
Die 7. Armee sollte die befestigte Breuschlinie halten und einen feindlichen Durchbruch beiderseits der mittleren Vogesen bei Saarburg-Pfalz

burg und westlich Molsheim unbedingt verhindern. Außerdem erhielt sie ein Telegramm, für schleunigste Heranführung des XIV. Armeekorps in die Gegend von Pfalzburg zu sorgen.
Das I. bayerische Armeekorps sollte nach Nachhutwiderstand bei Blâmont-Cirey nach Ibigny-Fraquelfing zurückgehen, die 7. Kavalleriedivision dessen linke Flanke vor Umgehungen aus den Vogesen heraus (über den Donon) schützen.
Dieser Befehl ging schon am frühen Vormittag des 14. August hinaus. Im Laufe des Tages wurde es klar, daß auch vor der Front der 6. Armee der feindliche Vormarsch auf der ganzen Linie begonnen habe (s. Skizze 3).
Lange Kolonnen aller Waffen wurden von unfern Fliegern und Kavalleriepatrouillen, teilweise auch durch unmittelbare Beobachtung von hochgelegenen Punkten unserer Vorpostenstellungen aus, festgestellt im Vormarsch von St. Nicolas du Port über Haraucourt auf Serres, aus der Versammlung westlich Réméreville auf Bezange la Grande - zusammen etwa 1 Armeekorps -, dann nördlich Lunéville gegen den Wald von Parroy, nördlich des Forts Manonviller auf Lagarde, Xousse und über Leintrey - hier auch starke Kavallerie -, ferner entfaltete Infanterieabteilungen verschiedener Stärke mit Artillerie auf der ganzen Linie zwischen der Seille südlich Château-Salins und Lagarde. Östlich des Sperrforts etwa 1 Armeekorps und starke Kavallerie - 1 bis 2 Divisionen - versammelt oder im Vormarsch gegen die Linie Blâmont-Autrepierre. Starke Kräfte - mindestens 1 Armeekorps - im Vorgehen hinter dem langsam ausweichenden I. bayerischen Armeekorps bis etwas nördlich der Linie Montreux-Parux. In den Vogesen besetzte der Feind den Donon mit Vortruppen und ging mit starken Kräften - 1 bis 2 Divisionen - im Breuschtal gegen Schirmeck, dann gegen Steige und Urbeis vor.
Infolge dieser Bewegungen kam es beim II. bayerischen und XXI. Armeekorps bereits zu Gefechtsberührungen, bei denen die französische Infanterie sich äußerst vorsichtig und zögernd verhielt und in der Hauptsache nur die beiderseitige Artillerie in Tätigkeit trat. Fast überall grub sich der Feind noch aus große Entfernungen vor unfern Vorpostenstellungen ein.
Über den Beginn eines allgemeinen feindlichen Vormarschs westlich der Vogesen konnte kein Zweifel mehr sein. Doch hielt das A.O.K.6 den Augenblick zum Antreten der Ausweichbewegung noch nicht für gekommen, sondern änderte feine bisherigen Weisungen nur dahin ab, daß das I. bayerische Reservekorps statt an den rechten, an den linken Armeeflügel rücken sollte, um dadurch die Verzögerung im Antransport der 7. Armee auszugleichen. Das II. und III. bayerische Armeekorps sollten ihre Stellungen halten, das XXI. vor starkem feindlichen Angriff höchstens bis hinter die Seille ausweichen und im Zusammenwirken mit der bayerischen und 8. Kavalleriedivision das Gelände zwischen Linder- und Stockweiher sperren, das I. bayerische Armeekorps mit seinem linken Flügel auf Saarburg, aber tunlichst nicht über den Rhein-Marne-Kanal hinaus zurückgehen.
Dem A. O. K. 7 wurde die Verwendung des XV. Armeekorps und XIV. Reservekorps „im Rahmen der Aufgabe" überlassen. Es wurde nochmals darauf hingewiesen, daß ein feindlicher Durchbruch nördlich der Breusch-Stellung unbedingt verhindert werden müsse. Im übrigen trafen die ersten Züge des XIV. Armeekorps bereits in der Nacht vom 14. zum 15. August bei Pfalzburg ein.
Der 15. August gab der Auffassung des A.O.K, recht, daß ein Ausweichen mit der ganzen Armee noch nicht veranlaßt sei. Der Feind folgte lediglich sehr zögernd dem I. bayerischen Armeekorps, fühlte gegen Avricourt vor, das er aber noch nicht besetzte, verstärkte seine gestern begonnenen Stellungen längs der Grenze und entwickelte dort auch starke Artillerie, die fast ohne Wirkung die Stellungen des II. bayerischen und XXI. Armeekorps beschoß. Feindliche Infanterie, die da und dort vorfühlte, wurde alsbald zum Anhalten und Eingraben gezwungen. Im allgemeinen bestand vor der Mitte der Armee der Eindruck, daß die gestern im Vormarsch von St. Nicolas du Port und Lunéville her gemeldeten Kräfte heute nach vorwärts aufgeschlossen hätten.
Vor dem rechten Armeeflügel hatte sich seit Beginn des deutschen Aufmarsches überhaupt noch keine Änderung ergeben: dort hatte man offenbar nur Vorposten der Stellung Mt. Toulon-Grand Mont vor sich.
Bei der.7. Armee hatten sich die ungünstigen Nachrichten vom 14. als übertrieben erwiesen: die Armee setzte daher den Abtransport nach Norden fort. Nur vom Donon aus machte sich eine feindliche Vorwärtsbewegung gegen Nordwesten (St. Quirin) fühlbar.
In die Mitteilungen der O. H. L. über die Stärke und Gruppierung der an der Meurthe aufmarschierenden französischen Kräfte scheint das A.O.K. 6 von Anfang an Zweifel gesetzt zu haben. Darauf deutet ein Vermerk im Kriegstagebuch, demzufolge der Große Generalstab in einem Ferngespräch betonte, er sei über den feindlichen Aufmarsch gut unterrichtet, und dazu folgende Einzelheiten gab: 3 französische Armeen zu je 4 Armeekorps stehen zwischen Toul und Raon l'Etape: ihnen soll je eine Reservearmee hinter der Mitte (3 Armeekorps) und rechts und links gestaffelt (je 4 Reservedivisionen) folgen. Als vermutliche Angriffsrichtungen der 3 Armeen vorderer Linie wurden Mörchingen, Dieuze und Saarburg bezeichnet.
Außer dieser Nachricht tras noch ein persönliches Schreiben des Generalquartiermeisters Stein, mit dem schriftlichen Einverständnis des Generals v. Moltke versehen, ein, das die Gründe enthielt, aus denen die 6. Armee hinter die Saar oberhalb Saarbrücken ausweichen sollte, und ihr nahelegte, sich dabei so zu gliedern, daß sie auch jederzeit wieder Front machen und zum Angriff übergehen könnte. Auf einen unmittelbaren Anschluß der 6. Armee an die Nied-Stellung legte die O. H. L. nun keinen Wert mehr, sondern stellte die Ausfüllung des Raumes zwischen dieser Stellung und Saarbrücken durch mobile Ersatzdivisionen in Aussicht.
Noch am gleichen Tage erfolgte auch die Zuteilung von je 3 solcher Divisionen an Sie 6. und 7. Armee.
Diese beiden Nachrichten der O. H. L. lösten nunmehr am 15. August mittags beim A. O. K. 6 den Entschluß aus, mit der Ausweichbewegung am folgenden Tage zu beginnen. Das gegenüber den Angaben in der Aufmarschanweisung wesentlich ergänzte Bild über den französischen Aus- und Vormarsch, im Zusammenhang mit der Lage bei der Mitte der Armee, wo ein starker feindlicher Angriff jeden Augenblick einsetzen konnte, rechtfertigt ohne Zweifel diesen Entschluß des A. O. K. 6. In den ersten Nachmittagsstunden erging die telegraphische Weisung an die Generalkommandos und Kavalleriedivisionen „Abmarsch hinter die Saar", und ihr folgte eine neue Direktive, aus der folgendes von besonderem Interesse ist:
„Große französische Offensive mit der Masse des Heeres zwischen Metz und Straßburg steht sehr wahrscheinlich unmittelbar bevor. 6. Armee geht auf Saarbrücken-Saarburg zurück, linker Flügel am Berggelände angelehnt, und wird in dieser Linie entscheidenden Widerstand vorbereiten. Raum zwischen Saarbrücken und Nied-Stellung wird von der O. H. L. durch Truppen zweiter Linie ausgefüllt. Dorthin auch die Heereskavallerie.
Alle Korps haben ihren Abzug so einzurichten, daß ein Kehrtmachen bei verändertem Verhalten des Feindes sofort möglich bleibt, daß sie für die gründliche Verstärkung der Stellung aber genügend Zeit behalten."
Dieser letztere Befehl, auf die im Briefe des Generals Stein enthaltene Anweisung zurückzuführen, war in dieser Fassung nicht durchführbar: die eine Aufgabe schloß die andere aus.
Außer der Direktive wurde noch ein Armeebefehl ausgegeben, in dem nicht nur der Rückzug hinter die Saar ausgesprochen, sondern auch bereits die Abschnittseinteilung in der Saar-Stellung verfügt und der 18. August für das Einrücken in diese Stellung bestimmt wurde. Dem war beigefügt, daß die Verstärkungsarbeiten möglichst bald zu beginnen hätten, nötigenfalls durch vorausgeschickte Truppen.
H. K. K. 3 sollte mit der 8. und bayerischen Kavalleriedivision den Rückzug der Armee decken und sich ebenfalls bis zum 18. August auf den rechten Flügel bei Saarlouis heranziehen. Das A. O. K. selbst wollte am 16. August noch in St. Avold bleiben, am 17. aber sein Hauptquartier nach Ingweiler (20 Km nordöstlich Pfalzburg) verlegen.
Der Rückzug hinter die Saar war also am 15. August abends beschlossene und befohlene Sache. Von der Art, wann und wie eine Aufnahme der Offensive oder ein Anhalten geplant war, verraten alle diese Anordnungen nichts. Sie sprechen vielmehr von entscheidender Verteidigung an der Saar. Nur aus der Wahl des neuen Hauptquartiers hinter dem linken Flügel der 6. Armee, also dort, wohin die 7. Armee im Anmarsch. begriffen war, konnte man entnehmen, wo sich das A. O. K. 6 den Schwerpunkt der weiteren Operationen dachte.
Für die Beantwortung der Frage, warum das A. O. K. - wie bekannt - nicht bei dem Entschluß vom 15. August geblieben ist, ist es zunächst von Wert, festzustellen, daß es diesen Entschluß nicht aus eigenem
Antrieb, sondern auf den Befehl der O. H. L. hin, der noch unterstützt wurde durch den Brief des Generals Stein, gefaßt hat. Ferner ist zu beachten, daß weder die durch die Aufklärung festgestellte Stärke, noch das bisherige Verhalten der vormarschierenden Franzosen eine Bestätigung der von der O. H. L. angenommenen, außerordentlichen Überlegenheit des Feindes brachten. Endlich bestand auch innerhalb des A. O. K. selbst eine starke Strömung gegen den Rückzug, die noch von einzelnen Korps schriftlich und mündlich unterstützt wurde. Auch an einer Einwirkung im entgegengesetzten Sinne hat es nicht gefehlt, doch waren diese Stimmen anscheinend in der Minderzahl. Jedenfalls sind sie nicht durchgedrungen.
Alles in allem kann man wohl sagen, daß das A. O. K. 6 nur sehr mit halbem Herzen bei der Rückzugsoperation war und es nur eines leisen Anstoßes bedurfte, um es wieder umzustimmen.
Schon am 16. Augu st kam die Reue über den gestern gefaßten Entschluß.
Die Loslösung vom Feinde hatte sich ohne jede Schwierigkeit vollzogen.
Der Feind folgte ebenso zögernd, wie bisher. Vor dem rechten Armeeflügel rührte er sich überhaupt nicht, in der Mitte schob er seine Front näher an Dieuze heran, wagte aber noch nicht, die Stadt zu besetzen, und blieb auch vor dem linken Flügel mit dem Gros am Rhein-Marne-Kanal stehen.
Es hatten sich also auch heute keine neuen Belege für die Auffassung der O. H. L. ergeben.
Das A.O.K. 6 beurteilte die Gruppierung und das Verhalten des Feindes folgendermaßen: Der Feind ist mit etwa 5 Korps und 3 Kavalleriedivisionen in erster, 1 bis 2 Korps in zweiter Linie im Vormarsch und steht mit einem Korps noch bei Nancy-Toul. Seine Kräfte sind nach dem rechten Flügel massiert, sein linker Flügel wird zurückgehalten: sein zögerndes, methodisches Vorgehen wird auf die empfindlichen Rückschläge zurückgeführt, die er bei Lagarde und Badonviller bereits erlitten hat.
Dies letztere mag zum Teil zutreffen, doch läßt sich das Verhalten des Feindes auch einfach aus dem Wesen der französischen Taktik erklären, die wir in der Wirklichkeit eben noch nicht kennengelernt hatten.
Soviel ist gewiß: Die Geduld und die Nerven der deutschen Führer und Truppen wurden durch dies zögernde, tastende Vorgehen, das Sich-immer-wieder-Eingraben der Franzosen, das man als reine Angst betrachtete, auf eine schwere Probe gestellt, und immer mehr empfand man es als Schmach, vor einem solchen Feinde zurückgehen zu müssen. Und auch diese Stimung hatte beim A. O. K. 6 ihre Vertreter und wurde durch einflußreiche Unterführer unterstützt.
Allerdings sah nach deutschen Begriffen eine entscheidungsuchende Offensive so nicht aus, und der Verdacht, daß man es etwa doch nur mit einer großen Demonstration zu tun habe, gewann beim A.O.K, immer mehr Raum Der Chef des Generalstabes, General v. Krafft, brachte die maßgebende Auffassung des A. O. K. am 16. August in einem Antwortbriefe an General Stein zum Ausdruck. Darin heißt es, daß man Klarheit nur durch Kampf werde gewinnen können. Der Feind fei offenbar nicht so stark, daß ein weiteres Ausweichen gegen die Saar gerechtfertigt wäre. Der Oberbefehlshaber beabsichtige daher, anzugreifen, allerdings nicht vor dem 18. August, da der Aufmarsch der 7. Armee nicht früher vollzogen sein könne.
Schon am nächsten Tage kam eine Antwort aus dem Großen Hauptquartier, die wir noch kennenlernen werden.
Der genannten Absicht des A. O. K. entsprechend, wurde die schon begonnene Rückverlegung der Etappeneinrichtungen angehalten, für den 17. das Halten der jetzt erreichten Stellungen befohlen und die Verlegung des Armee-Hauptquartiers von St. Avold nach Ingweiler widerrufen.
Diese Stellungen zogen sich von Sanry an der französischen Nied und Rotte entlang bis östlich Wallersberg, dann über Mörchingen und südlich Bensdorf vorbei bis Losdorf. Von hier bis zur Saar bestand eine 15 Km breite Lücke. An der Saar von südlich Saar-Union bis nördlich Saarburg arbeiteten die 1. bayerische Reservedivision und Teile des I. bayerischen Armeekorps in der Stellung, dahinter stand die 5. bayerische Reservedivision als Armeereserve bei Drillingen. Die nach und nach eintreffenden Teile der 7. Armee, zunächst das XIV. Armeekorps, rückten, südöstlich an das I. bayerische Armeekorps anschließend, in die Linie Rieding-St. Louis ein. Die Linie, in der die Rückwärtsbewegung angehalten wurde, entsprach im wesentlichen der ursprünglich für den ersten Widerstand der Nachhuten befohlenen. Die Armee hat also nur einen Schritt rückwärts ausgeführt.
Der 17. August ergab keine wesentliche Änderung im Verhalten des Feindes. Dieuze wurde erst spät abends besetzt, westlich davon überschritten schwache Vortruppen zum erstenmal die Seilte. Östlich Dieuze erreichten feindliche Spitzen die Linie Zemmingen-Bisping-Langd-Nitting und gruben sich ein. Alle Meldungen stimmten dahin überein, daß die feindlichen Gros und auch. die Kavalleriedivisionen erst mit großen Abständen hinter diesen Vortruppen folgten, erftere fich ebenfalls an zahlreichen Stellen verschanzten. Das I. bayerische Armeekorps zog sich nun völlig in die Stellung hinter der Saar zurück und beließ nur mehr Sicherungen am Feinde. Die übrigen Korps der 6. Armee richteten sich in ihren Stellungen zur nachhaltigen Verteidigung ein.
Die 7. Armee hatte ihren Aufmarsch in der Hauptsache vollzogen. Das XIV. Armeekorps stand um Pfalzburg, vordere Linie Rieding-St. Louis, das XV. Armeekorps - stark ermüdet, da es von Mülhausen auf dem Landwege herangekommen war - um Waffelnheim, das XIV. Reservekorps zwischen der Breusch und Barr. In den Vogesen und im Oberelsaß war der Feind nicht weiter vorgedrungen.
In dieser Lage erreichte die 6. und 7. Armee am 17. August der Befehl der O. H. L., daß die Offensive der 1. bis 5. Armee am 18. August „gemäß der Aufmarschanweisung" beginne. „Der 6. und 7. Armee und dem H. K. K. 3 fällt die Aufgabe zu, die linke Flanke des Heeres zu sichern." In diesem Hinweis auf die Aufmarschanweisung dürfen wir wohl den Ausdruck des berechtigten Stolzes des deutschen Generalstabes auf den planmäßig geglückten Aufmarsch und die ersten Erfolge in Belgien und Elsaß-Lothringen erblicken, verbunden mit der Zuversicht, daß nun auch alles Weiters wunschgemäß im Geiste unseres Operationsplanes verlaufen werde. (Fortsetzung solgt.)

 

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