Das Kgl.
Sächs. Ersatz-Feldartillerie-Regiment Nr. 45 und seine
Stammabteilungen; mit 22 Gefechtsskizzen, 6 Karten, 7 Bildern
und 38 Photographie-Abdrucken
Johannes Brückner,
Ed. V. Baensch, Dresden 1937
IV. Stellungskrieg in Lothringen.
(18. 9. 1914-19.9.1916.)
Vorstoß der 19. Ers. Div. gegen Domevre-Badonviller.
(18.-24.9.1914.)
Nachdem bereits am 18. 9. Vortruppen der ganzen Armeefront bis
an die Grenze des Schußbereiches der Artillerie vorgeschoben
waren, wurde am 19. 9. die allgemeine Vorwärtsbewegung
angetreten; in ihr rückte die Division mit der 47. Brig. über
St. Georg- Ibigny auf Foulcrey, mit der 45. Brig. über
Lörchingen auf Hattigny- Bertrambois und schob Sicherungen an
den Vesouze-Abschnitt vor. Am 20. gelangte die Division - auch
weiterhin ohne feindlichen Widerstand - mit 47. Brig. bis
Blâmont, mit 45. Brig. bis Cirey. Vorhuten sicherten in der
Linie Repaix-Harbouey-Petitmont.
Am 21. 9. setzte die 45. Brig. den Marsch auf Parux sort und
entwickelte sich hier gegen die vom Feinde besetzt gehaltene
Front St.Pôle-Badonviller zum Angriff; ihre Artillerie ging mit
Ers.Abt./28 und 2./48 auf der Höhe nördlich Brémenil, mit der
1./48 südlich Neuviller in Stellung. Unter ihrem wirksamen
Feuerschutz gelang es der Brigade ohne große Opfer Badonviller
zu nehmen, wo 20 Gefangene eingebracht wurden. Der Feind wich
auf Peronne zurück. Rechts hatte die 47. Brig. sich in den
Besitz von Domêvre und Ancerviller gesetzt. Die Division
verblieb in der Nacht in dem gewonnenen Abschnitt.
Für den 22. 9. ordnete General von Falkenhausen für die ganze
Armee-Abteilung einen Halt an, der auch über den 23. hinaus
verlängert wurde, und befahl, daß über die erreichten Stellungen
nur Erkundungsabteilungen vorgetrieben werden sollten. Am 23.
hatte sich der Feind vor der Division verstärkt und verschanzt;
Brémenil, Ogeviller, Mignéville, St. Pôle und Pexonne waren von
ihm besetzt. Auf Grund einer Weisung des A.O.K. an die Division,
sich in den Besitz von Mignéville, Montigny und Peronne zu sehen,
falls diese Orte nach ihrer Ûberzeugung nur schwach besetzt
seien, hatte sich die Division am Morgen zum Angriff
bereitgestellt
Artillerie auf dem Marsch durch Parux
Während es der 47. Brig. gelang, Mignéville und Montigny in
leichtem Kampf zu nehmen, kam der Angriff der 45. Brig.,
artilleristisch unterstützt von der Ers.Abt./28 und 2./48 von
der Höhe nördlich Badonviller und der 1./48 dicht nördlich
Neuviller, vor Peronne zum Stehen. In der Nacht verblieben die
Truppen in den erreichten Linien und erhielten Befehl, sie zu
halten, aber von einem weiteren Angriff am nächsten Tage Abstand
zu nehmen. Am 24. entspann sich auf der ganzen Front ein
stehendes Feuergefecht. In der Nacht vom 24. zum 25. wurde die
Division in den Abschnitt Blâmont-Cirey zurückgenommen; das
rechts anschließende Korps Twardowski in die Linie Lagarde-
Autrepierre-Repaix.
Damit hatte die Vorwärtsbewegung der Armee-Abteilung ihr Ende
gefunden. So unerfreulich dieser Abschluß von allen Beteiligten
empfunden wurde, war er doch in der allgemeinen Lage begründet:
wieder war das Herauslösen weiterer Kräfte aus dem Armeeverbande
notwendig geworden; am 22. 9. hatten das XIV. R.K. und die 4.
Ers.Div., am 25. 9. das I. bayr. R.K. den Befehl zum Abtransport
erhalten. Es kam hinzu, daß der unternommene Vorstoß die von der
O.H.L. gewünschte Klarheit darüber gebracht hatte, daß an dieser
Front eine große französische Offensive nicht mehr zu erwarten
war, verlustreiche Kämpfe daher keinen Sinn mehr hatten und
unterbleiben mußten.
19. Ers.Div. in der Stellung Blâmont-Tanconville.
(25. 9.1914-26.2.1915.)
So sah der Abend des 25. 9. die Division in der ihr zugewiesenen
und nunmehr zu haltenden Stellung auf dem Nordufer der Vesouze.
Sie verlief von der Ferme Ste. Anne nördlich Blâmont bis
Tanconville; den rechten Abschnitt bis Frémonville hatte die 47.
Brig., den linken anschließend bis Tanconville die 45. Brig. zu
behaupten; ihre beiden Abteilungen gruben sich am Südrand des
Bois de Blâmont bei La Vigne und Tanconville ein. Protzen und
große Bagagen bezogen Ortsunterkunft in Frémonville, Richeval,
Hattigny und Ibigny.
Korps Twardowski schloß sich rechts bei Repaix an; links füllten
Landsturmtruppen die Lücke zum Vogesenkorps Eberhardt. Der Feind
war vorsichtig bis an die Linie Domêvre-Montreux-Parux
vorgerückt. Die von Lagarde über Igney-Repaix-Frémonville-Tanconville
verlaufende Hauptwiderstandsfront wurde durch eine von Xures
über Xousse-Chazelles-Domêvre-Harbouey-Petitmont verlaufende
Vorpostenlinie gesichert. Die Stellungen wurden verstärkt. Bis
auf einige Artilleriebeschießungen herrschte Ruhe.
In diesen Tagen erfuhr die Kampfkraft der Armee-Abteilung
dadurch eine weitere Schwächung, daß sie drei Ersatz-Divisionen
zum Abschluß der Nordfront der Festung Toul-Nancy einzusetzen
hatte. Abtransportiert wurde auch die bayr. Ers.Div. aus dem
Korps Eberhardt. So stand Anfang Oktober die Armee-Abt.
Falkenhausen:
mit einem Nordflügel (3 Ers.Div. und 1 Brig.) von Apremont über
Pont à Mousson bis Manhoué;
mit einer Mitte (bayr. Landw.Div. Fischer mit 60. Landw.Brig.,
19. Ers.Div. mit unterstellter 5. bayr. Landw.Brig.)
anschließend bis Cirey;
mit einem Südflügel (Korps Eberhardt) in den Vogesen bis
Markirch.
Es hatten also 9 Ers.und Landw.Div. einen 180 km breiten
Abschnitt zu sichern. Daß diese schwache Sicherung jede größere
Offensivtätigkeit ausschloß, war eine Selbstverständlichkeit. Da
aber auch der Franzose sich auf der Gegenfront ganz zurückhielt,
war es kein Wunder, daß die Gesechtstätigkeit auf der Lothringer
Front fast völlig erlosch. Am 21.9. 14 hatte Major Reinhardt die
Führung der Ers.Abt./28 und Oberleutnant Haslinde die Führung
der 2. Batt. an Stelle des erkrankten Oberleutnants Krause
übernommen.
Kriegslage.
Am so heißer wurde dafür auf anderen Fronten gekämpft. Auf dem
rechten deutschen Heeresflügel dauerte seit dem Marne-Rückzug
das erbitterte Ringen in schweren Kämpfen bei Arras und in
Flandern mit unverminderter Leftigkeit fort. Am 10. Oktober fiel
Antwerpen.
An der rechten Nachbarfront hatten die Angriffe der Armee Abt.
Strantz aus die befestigte mittlere Maaslinie zwischen Verdun
und Toul nach harten Kämpfen vom 17. bis 27. 9. zur Einnahme des
Forts Camp des Romains und zur Besitznahme des Maasüberganges
bei St. Mihiel geführt, waren dann aber steckengeblieben und in
einen Stellungskrieg übergegangen, der bis Jahresschluß in
örtlichen Kampfhandlungen von wechselnder Stärke geführt wurde.
Auch gegen die Armee-Abt. Gaede richteten sich mehrfache, zum
Teil starke französische Angriffe, aber auch sie ohne
nennenswerten Erfolg.
Im Osten hatte sich Mitte August 1914 die russische Dampfwalze
in Bewegung gesetzt. In Ostpreußen wehrte Hindenburg durch seine
großen Siege bei Tannenberg (26.-31.8.) und an den Masurischen
Seen (8.-I I. 9.) den Einfall zweier Ruffenheere ab, während
unser in Galizien aufmarschierter österreichischer Verbündeter
nach Anfangserfolgen eine schwere Niederlage erlitt und bis an
die Karpathenkämme zurückwich. Die nunmehr drohenden
Russeneinfälle nach Angarn, Mähren, Schlesien und Posen wurden
durch Hindenburgs siegreiche Vorstöße auf Warschau (Mitte
Oktober) und auf Lodz (November-Dezember) erfolgreich abgewehrt.
Ende Dezember ging aber auch hier im Osten die Offensive der
Verbündeten auf der ganzen mehr als 1000 km langen deutsch-österreichischen
Ostfront von Kowno über Lodz bis zur rumänischen Grenze in den
Grabenkrieg über. Am 28. 10. trat die Türkei auf die Seite der
Mittelmächte.
Alle diese und künftige Operationen waren aber der O.H.L. nur
möglich, wenn sie die Gewähr hatte, daß die anderen Fronten
gehalten wurden, darunter also auch die Lothringer Front.
Hier war bis zum 30. 9. bei der 19. Ers.Div. die zur
Organisierung der Verteidigung erforderliche Abschnitts-Gliederung
durchgeführt. Gebildet wurden die auf der Skizze bezeichneten 4
Abschnitte: I. Abschnitt mit 5. bayr. Landw.Brig. (Landw.Regt. 4
und 5) und 1./Ers.Abt. 48 (diese vom 29.9.14-27.6.15); 2.
Abschnitt mit Landw.Regt. 71 (ab 9.11.14 Landw.Gren.Regt. 100)
und Ers.Abt. 32; 3. Abschnitt mit 47. Ers.Brig., Ers.Abt. 77 und
2./Ers.Abt. 28; 4. Abschnitt mit 45. Ers.Brig., 1./Ers.Abt. 28
und 2./Ers.Abt. 48.
An schwerer Artillerie war jedem Abschnitt noch je eine
s.F.H.Battr. Landw.Futza. 16 und je eine 9-cm-Battr. zugeteilt.
Der Ausbau dieser Stellung und seine Verstärkung wurde sofort in
Angriff genommen und bildete die Hauptarbeit in den nächsten
Wochen, da die Gefechtstätigkeit selbst nur gering war. Der
Feind stand mit seinen Hauptkräften noch weit zurück,und zwar
längs der Chaussee Marainviller-Badonviller. Es lag daher
zwischen den Hauptkräften der beiden Fronten ein bis 12 km
tiefes Zwischengelände, auf welchem noch eine bewegliche
Kampfführung möglich war und eine rege beiderseitige
Erkundungstätigkeit zu kleineren und größeren Patrouillen- und
Vorpostengefechten führte, wobei auch die Artillerie öfter
Gelegenheit zur Mitwirkung fand. Die zahlreichen, zwischen
beiden Fronten gelegenen, noch von der französischen Bevölkerung
bewohnten Ortschaften lockten Freund und Feind, mit Beitreibungs-Kommandos
sich zu holen, was sie an Vieh, Verpflegungsmitteln und
Hausgerät für ihre Unterkunft brauchen konnten. Das waren auch
oft die Anlässe, aus denen es zu Zusammenstößen kam. Mancher
kühne Landstreich kam hier zur Ausführung. So hatte sich bei
einer nächtlichen Unternehmung gegen Embermenil der Fähnrich
Jeremias der 1. Batt., der mit einem Artillerie-Fernsprechtrupp
daran beteiligt war, durch tatkräftiges Handeln ausgezeichnet.
Als der Infanterie-Führer fiel, übernahm er kurz entschlossen
selbst das Kommando, überrumpelte die französische Vorposten-Abteilung,
nahm sie gefangen und befreite dabei noch einige gefangene
Kameraden.
In diesen Tagen mehrten sich die Anzeichen, daß der Franzose
sich anschickte, Truppen aus seiner Front abzutransportieren.
Das war auftragsgemäß zu verhindern. Daneben galt es, mit
Sicherheit festzustellen, wo er mit seinen Hauptkräften stand.
Zu diesem Zweck erhielt die Division Befehl zu einem Vorstoß
gegen die Linie Domêvre-Ancerviller. Die Nachbarabschnitte
hatten durch Vorpostenunternehmungen mit vorgezogenen Batterien
dabei mitzuwirken.
Gewaltsame Erkundung der 19. Ers.Div.
(5.-6.11.1914.)
Am 5.11.7° vorm, trat die bei Blâmont versammelte Division -
unter Zurücklassung der zur Sicherung der Stellung notwendigen
Teile - in folgender Marschordnung den Vormarsch an: Vorhut: 1
Btl. 47. Brig. Gros: 2 Btle. 47. Brig.; Ers.Abt. 77; 3 Btle. 45.Brig.;
1./Ers.Abt.28,2.(F.)/Ers.Abt.48; 1 Btl.Landw.-Regt.4; 1 Zug 2./Ers.Abt.
28; 2 l. M.K., entwickelte sich aus der Linie Clair Bois-Bois
des Chiens zum Angriff auf Domêvre-Neuviller und setzte sich,
unterstützt von ihrer Artillerie aus Feuerstellungen bei
Hameau-D'Ancerviller, sowie am Clair Bois und bei Montreux, ohne
nennenswerten Widerstand in den Besitz der genannten Orte.
Feindliches Artilleriefeuer war ohne Stärke und Wirkung. Vor den
gegen den Blette-Bach vorgetriebenen Erkundungsabteilungen ging
schwacher Feind zurück. Festgestellt wurde, daß der Gegner seine
Hauptstellung hier hinter der Verdurette und seine Vorstellung
hinter dem Blette-Bach hatte, und daß Batterien von ihm an den
Orten Reclonville, Pettonville, Brouville, Merviller und
Badonviller standen.
Mit dieser Feststellung hatte die Division ihren Auftrag erfüllt
und konnte unbehelligt in ihre Stellung zurückkehren. Der Feind
folgte zögernd bis Bois Banal-Neuviller.
Noch hinzuzufügen ist, daß der berühmte schwedische
Asienforscher und Deutschenfreund, Sven Pedin, diese
Unternehmung als Gast der Division miterlebt und dabei längere
Zeit auch bei der 2.Batt. geweilt hat.
In den Tagen vom 7. bis 12.11. tauschte die Division das bayr.
Landw. Regt. 7l gegen das sächs. Gren.-Landw.Regt. 100 mit der
rechts anschließenden bayr. Landw.Div. Fischer aus.
Am 12.11. führte der Gegner mehrere Kompagnien zu einem Vorstoß
gegen Cirey vor und besetzte Val und Petitmont. Seine Artillerie
belegte Cirey und die Vorpostenstellung daselbst mit Feuer. Ein
Zug der 2./28 beschoß aus einer Stellung nördlich Cirey das
besetzte Petitmont; doch stellten starke Patrouillen fest, daß
der Feind am Abend an allen Stellen wieder zurückging.
Gefechte bei Cirey.
(16.-18.11.1914.)
Am 16.11. erneuerte der Franzose, und zwar mit starken Kräften
den Angriff auf Cirey. Mehrere bei St. Sauveur, Petitmont und
Parux stehende Batterien hielten die Stadt und Umgebung unter
Feuer, wenn auch mit geringer Wirkung. Der aus der Linie
Petitmont-Val-Chatillon sich entwickelnde Angriff blieb ohne
Erfolg; an seiner Abwehr wirkte die 1./28 tatkräftig mit. Der
Feind zog sich zurück, beließ aber Sicherungen in Chatillon, Val
und Petitmont. Eine über Harbouey vorgeschickte
Anterstützungsabteilung der 47. Brig. fand keinen Feind und
kehrte abends zurück.
Die Division entschloß sich nun, selbst zum Angriff überzugehen,
und stellte am 17.11. einen starken Angriffsffügel bei
Bertrambois- Harcholins für den Fall eines erneuerten
feindlichen Angriffes bereit. Als die Aufklärung ergab, daß der
Gegner die Lohen südlich der Straße Cirey-Saussonrupt und
nordöstlich Val, sowie das Gelände östlich Val und Petitmont mit
eingegrabener Infanterie besetzt hatte und seine Artillerie aus
den gestrigen Stellungen zu feuern begann, wurde zum Angriff
gegen die Linie Val-Saussonrupt angetreten. Die 2./48 und 1./53
wandten sich mit sichtbar starkem Erfolg aus einer Stellung am
Wegekreuz Pro Marandel gegen die bei Val erkannten
Schützenlinien. Schloß Chatillon wurde erstürmt.
Auch die 47. Brig. rückte zur Unterstützung mit 10 Kompagnien
über Harbouey in das Gehölz Bois de La Tour, von wo sie sich
beiderseits der Straße nach Petitmont gegen einen aus diesem Ort
heraustretenden Angriff entwickelte und ihn unter schweren
Feindverlusten abschlug. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde bis
auf zwei in Harbouey belassene Kompagnien der Rückmarsch in die
Stellung zu deren Wiederbesehung angetreten. Die bei Cirey
eingesetzten Teile der Division blieben die Nacht am Feind.
Am 18.11. sollten Val und Petitmont genommen werden. Als die
Angriffstruppen aus der Linie Cirey-Saussonrupt vorgingen,
zeigte es sich jedoch, daß die genannten Angriffsziele vom
Feinde bereits geräumt waren. Sie wurden nunmehr besetzt.
In der Folgezeit erschöpfte sich die Gefechtstätigkeit weiter in
andauernden größeren und kleineren Patrouillengefechten und
Artilleriebeschießungen; der Gegner unternahm aus seiner im
Abschnitt Frémenil-Montigny-Badonviller sestgestellten und durch
Vorposten in Linie Vého-Blémerey-Ancerviller gesicherten
Hauptstellung keinerlei ernste Angriffe mehr.
In der Gliederung der Artillerie vollzog sich Ende November
insofern eine Änderung, als der von den Folgen seiner Verwundung
wiederhergestellte Major Eppendorf zum Kommandeur der Artillerie
und gleichzeitig zum Kommandeur der unter ihm zu einem
Regimentsverband zusammengeschlossenen 4 Ersatz-Abteilungen
bestellt wurde. Taktisch war ihm auch die schwere Artillerie des
Divisionsabschnittes unterstellt; sie umfatzte damals das I.
Landw.Futza.Btl. 16 mit 4 Batterien, eine Mörserbatterie, eine
halbe Batterie 13 cm und eine 9 cm Batterie.
Major Bätzler wurde als Artillerie-Kommandeur der 5. bayr.
Landw.Brig. des Generalleutnants Wening zur Verfügung gestellt.
Am 9.12. trat Jägerbtl. 9 zur 45. Brig. und übernahm die
Sicherung in Linie Schloß Châtillon--Türkstein.
Das Ende des Dezember rückte heran und mit ihm das
Weihnachtsfest mit seiner frohen Botschaft: „Friede aus Erden!"
Aber kein Glockengeläut trug hier in diesem Jahre die tröstliche
Kunde weiter; es war Krieg, und die Kanonen hatten das Wort; und
was sie sprachen, das klang nicht nach Frieden, sondern war
Kampf, Not und Tod.
And trotzdem ließ der deutsche Soldat sich sein Weihnachtsfest
nicht nehmen, sondern feierte es, wo und wie es nur immer ging.
Und wer hier in Lothringen in diesen Tagen die Wacht an des
Reiches Grenze hielt, der hatte Glück, dem hat kein Feind die
Freude seines Festes gestört.
And so sammelte sich alles im Quartier und vielfach auch im
Anterstand um einen lichtergeschmückten Tannenbaum zu
weihnachtlicher Andacht. Die alten Weihnachtslieder erklangen;
jeder freute sich seiner Weihnachtspost und der reichlichen
Liebesgaben aus der fernen, noch unter keinem Mangel leidenden,
dankbaren Heimat. Mehr und sehnsüchtiger noch als sonst
schweiften wohl die Gedanken zu den Lieben daheim, und manchen
hat damals die Frage bewegt: wird es das letzte Weihnachten im
Felde sein oder gar das letzte von mir? Aber trübe Stimmung kam
im Kameradenkreise nicht auf: der Krieg hatte hart gemacht,
hatte aber auch in der Gemeinschaft der Batterie ihren
Angehörigen eine zweite Heimat, eine zweite Familie geschaffen;
und in dieser kameradschaftlichen Verbundenheit traten schwere
Gedanken zurück. Und so klang und sang es weiter durch das
schöne Fest:
„O du fröhliche, o du selige Weihnachtszeit!"
Kriegslage.
So kam das Ende des ersten Kriegsjahres heran. Das Ergebnis der
Kriegführung der verbündeten Mittelmächte am Jahresschlutz war
trotz größter, die Welt in Erstaunen setzender deutscher
Waffentaten in West und Ost ohne Kriegsentscheidung geblieben.
Der Kampfwert des österreichisch-ungarischen Heeres war gesunken;
die Last des Krieges begann sich mehr und mehr auf die Schultern
des kriegsbewährten deutschen Leeres zu senken.
Die der Armee-Abt. Falkenhausen gestellte Aufgabe, Schutz der
Reichslande und Fesselung des gegenüberstehenden Feindes, blieb
auch für das Jahr 1915 bestehen. Die Gefechtstätigkeit war
hierbei bis in die zweite Hälfte des Februar hinein nicht
erheblich, nur in den Vorpostenstellungen erfolgten wiederholte
Patrouillen-Zusammenstöße, oft unter artilleristischer
Mitwirkung.
Ende Februar wurden die Ersatz-Bataillone zu Regimentern
zusammengefaßt und die Stäbe der neugebildeten Ersatz-InfanterieRegimenter
23 und 32 bei der 45. Brig., 24 und 40 bei der 47. Brig.
aufgestellt.
Vorverlegung der 19. Ers.Div.
(27.2.-4.3.1915.)
Zur Verbesserung der Widerstandslinie ordnete General von
Falkenhausen ein Vorschieben der 19. Ers.Div. und des rechten
Flügels des Vogesenkorps Eberhardt (jetzt XV. R.Korps genannt)
in die Linie Domêvre-Les Collines an. Das am 27.2. zur
Durchführung gekommene Unternehmen gelang schon am ersten Tage
ohne nennenswerten feindlichen Widerstand. Hierbei unterstützten
innerhalb ihrer Abschnitte die rechts anschließende 1. bayr.
Landw. Div. und die 61. R.Brig. die Angriffsbewegung an diesem
und den folgenden Tagen durch Vorstöße stärkerer gemischter
Waffen, bei denen es zu vielen örtlichen Kämpfen kam.
Von der Division war am Nachmittag des 27. 2. die 47. Brig. im
Besitz der Linie Höhe 328 östlich Domêvre-Montreux-Wald zwischen
Neuviller und Bremenil und begann, sich hier sofort einzugraben.
Auch der 45. Brig. gelang es, leichten Kampfes die Linie
Waldrand westlich Les Carrieres-Le Chamoix-Höhenrücken mit Höhe
514 1 km südlich Angomont zu erreichen und sich nordwestlich des
Bachgrundesauf dem Hang bis zur Höhe 542 nördlich La Chapelotte
festzusetzen und zur Verteidigung einzurichten. Hervorragenden
Anteil an dem Gefechtserfolg hatte ein Zug der 1./28 unter
Leutnant Meißner; er ging mit der Infanterie auf deren linkem
Flügel vor, begleitete den Angriff in vorderster Linie und nahm
zuletzt auf Höhe 514 Stellung.
Feindliche Artillerie schoß hauptsächlich aus Stellungen bei
Badonviller und aus Waldstücken nördlich des Blettebaches. Ein
auf Badonviller beabsichtigter Angriff mußte aufgegeben werden,
da der Franzose auf den Längen westlich Thiaville-Allencombe in
stark befestigten Feldstellungen stand. Die Nacht zum 28.
verlief ruhig; auch tagsüber konnten die gewonnenen Stellungen
ohne Belästigung durch den Feind weiter ausgebaut und befestigt
werden.
Erst im Monat März kam es zu heftigen Kämpfen. Ein feindlicher,
am 1.3.15 gegen das Iäger-Btl. 9 bei La Chapelotte gerichteter
Angriff scheiterte. Mätziges Artilleriefeuer lag auf den
gewonnenen Linien. Zur unmittelbaren Unterstützung der
Infanterie glückte es unter größten Anstrengungen, 2 Geschütze
der 2. (F.)/Ers.Abt. 48 auf der Höhe 359 südöstlich Brémenil in
Stellung und zu ausgezeichneter Wirkung zu bringen.
Am 2.3. wurde der Angriff fortgesetzt. Das Wetter war
umgeschlagen; es herrschte heftiges Schneetreiben; doch gelang
es, den Feind, der sich oft in mehreren übereinanderliegenden
Schützenlinien festgesetzt hatte, bis über die Linie Le Chamoix-Thiaville
zurückzudrängen. Den Hauptanteil an diesem Erfolg hatte unsere
Artillerie, die mit 4 schweren Batterien (1 10-cm-, 2 s. F.H.-Batterien
und 2 15,5 cm-Geschützen) und 3 Feldbatterieen mit ihrem gut
geleiteten Feuer den Infanterieangriff in ausgezeichneter Weise
vorbereitet hatte.
Der 3.3. verlief an, Vormittag verhältnismäßig ruhig. In der
Nacht vom 3. zum 4. stieß ein neuer Angriff auf Montreux-Le
Chamoix vor, der mit Verlusten abgewiesen wurde. Der Zug
Meitzner nahm auch an diesen Abwehrkämpfen hervorragenden Anteil.
Eine am 4.3. auf Le Chamoix geführter französischer Angriff
scheiterte gleichfalls.
Die Division hatte die von ihr erstrebte Stellung fest in der
Hand. Vergeblich mühte sich der Franzose in den kommenden Wochen,
besonders in den Tagen vom 22. bis 24. März bei Neuviller und
östlich davon, durch Infanterieangriffe ihr den Gewinn wieder
streitig zu machen. Auch sein in wechselnder Stärke auf die
neuen Linien gelegtes Artilleriefeuer verursachte zwar einige
Verluste, vermochte aber an der neuen Lage nichts mehr zu ändern.
So verzichtete er auf weitere Angriffe und begann, sich ebenso
einzugraben, wie das auch die Division in ihren nunmehr für die
Dauer festliegenden Stellungen tat.
Stellungskrieg in Lothringen 1915
Auf diese Weise entstand schon im Laufe des Jahres 1915 ein
immer weiter ausgebautes System von Gräben und Drahtverhauen.
Das bisherige tiefe Zwischengelände verschwand und mit ihm die
Möglichkeit zur Fortsetzung einer beweglichen Kampfführung.
Immer näher schoben sich die Stellungen aneinander, immer
schmaler wurde das „Niemandsland" und ließ nur noch Raum für
Patrouillengänge. In der Gefechtstätigkeit trat das
Artilleriefeuer in den Vordergrund; später schaltete sich auch
der Minenwerfer ein. Angriffsunternehmungen waren selten,
blieben örtlich beschränkt und dienten nur kleinen
Stellungsverbesserungen oder der Absicht, Gefangene zu machen,
um aus ihren Aussagen und Uniformen Aufschlüsse über die
Verteilung der Feindkräfte zu gewinnen. Der reine Stellungskrieg
setzte ein und nötigte die Truppe, sich auf eine veränderte
Kampfesweise umzustellen.
Neue artilleristische Feuertaktik.
Auch für die Artillerie bildete sich eine vom Bewegungskrieg
völlig verschiedene Art der Feuertaktik heraus mit festen, für
Angriff und Verteidigung gleichbleibenden Feuerformen. Da sie in
Zukunft auf allen Fronten zur Geltung kamen, seien sie zur
Vermeidung von Wiederholungen im nachstehenden kurz in das
Gedächtnis der Leser zurückgerufen. Je mehr sich die
beiderseitigen Stellungen einander näherten und je umfangreicher
deren Anlagen wurden, um so mehr wuchs die Möglichkeit,
unbemerkt Angriffstruppen in ihnen bereitzustellen, sie
überraschend vorbrechen und den verringerten Zwischenraum
schnell von ihnen durchlaufen zu lassen. War die Zerstörung der
feindlichen Hindernisse und die Zerschlagung der Gräben vorher
erfolgreich durchgeführt, so hatte der Angriff alle Aussichten
auf ein Gelingen, wenn die Artillerie des Verteidigers nicht mit
sofortiger Wirkung half. Das war ihr aber aus ihren rückwärtigen
Stellungen nur dann möglich, wenn sie schon vorher Vorkehrungen
getroffen hatte, die geeignet waren, das eigene Feuer mit der
Fügsamkeit einer einzigen Waffe sofort wirksam werden zu lassen.
Eine solche Möglichkeit bestand nun deshalb, weil die zu
bekämpfenden Ziele schon seststanden: es waren die Gräben, in
welchen der Angreifer sich sammeln und aus denen er zum Angriff
heraussteigen mußte.
Es war daher angängig und geboten, sich schon vorher gegen sie
einzuschießen und die gewonnenen Ergebnisse in den
Feuerstellungen so festzulegen, daß gegen jeden im Feuerbereich
der Batterie liegenden Stellungsabschnitt durch einen kurzen
Befehl oder ein verabredetes Zeichen das Feuer mit sofortiger
Wirkung ausgelöst werden konnte. Durch die von verschiedenen
Faktoren bedingten und die erschossenen Flugbahnen verändernden
Streuungen der Geschosse kam es dabei in der ersten Zeit
bedauerlicherweise hin und wieder auch zu unverschuldeten
Kurzschüssen in die eigenen Gräben. Diese Streuungen, die zum
Teil in der Beanspruchung von Rohr und Lafette, vornehmlich aber
in den veränderlichen Wirkungen von Luftgewicht und Luftbewegung
ihre Ursache hatten, wurden durch Berücksichtigung dieser
Fehlerquellen später fast ganz ausgeschaltet. Jedes Geschütz
erschoß seine eigene Geschoßbahn, die Batterie die
Tageseinflüsse; noch später übermittelte eine Zentral-Wetterstelle
täglich die Angaben über die die Flugbahn ändernden
Lufttageseinflüsse. Mit Hilfe einfacher Tabellen konnte dann für
jeden Tag der Mehroder Minderbedarf an Entfernung gegenüber der
normalen Erhöhung ermittelt werden.
Vier Hauptfeuerarten hatten sich im Stellungskrieg für Angriff
und Verteidigung herausgebildet:
1. das Sperrfeuer. Wie sein Name sagt, sollte es mit seinen
Geschossen dem Gegner den Weg sperren; zur Verteidigung war es
meist dicht an die eigenen Gräben herangezogen; zum Angriff
sollte es dem Verteidiger den Weg nach rückwärts verlegen und
die Heranführung von Verstärkungen verhindern;
2. das Zerstörungsoder Vernichtungsfeuer hatte zum Zweck, durch
Konzentration der Wirkung alles zu zerstören und zu vernichten,
was der Gegner an Kampfanlagen, Kampfmitteln und Kampfkräften
besaß. Die Feuergeschwindigkeit steigerte sich hierbei oft zum „Trommelfeuer".
Schutzzahl, Dauer und Geschwindigkeit waren bei beiden
Feuerarten im Einzelfall nach der Gefechtslage verschieden und
wurden nach ihr geregelt. Jede Batterie erhielt ihre Sperr- und
Zerstörungsfeuerräume zugewiesen, auf die sie sich einzuschießen
hatte;
3. das Störungsfeuer war dazu bestimmt, den hinter der
feindlichen Front bei Tag und Nacht durch Ablösungen, Zufuhr von
Munition, Material und Verpflegung sich abwickelnden Verkehr
durch Abgabe einer Anzahl von Schüssen zu unregelmäßigen Zeiten
zu stören. Auch zu diesem Zweck suchte ein vorangegangenes
Einschießen auf erkannte Verkehrsstellen, wie Straßenkreuzungen,
Ortseingänge, Deckung bietende Wälder, Mulden usw. sich die
Wirkung zu sichern;
4. die Feuerwalze war eine Einführung des letzten Kriegsjahres,
sie lief der angreifenden Infanterie als ein beweglicher und in
seiner Vorwärtsbewegung nach Zeiten geregelter Feuerschutz
voraus.
Auslösung des Artilleriefeuers.
Das Zerstörungs- besonders aber das Sperrfeuer konnten aber erst
dann ihren Zweck erfüllen, wenn sie rechtzeitig und gegen das
richtige Ziel einsetzten. Dazu hatte die Artillerie zunächst
durch eigene Beobachtung zu sorgen, sowohl in der Feuerstellung
selbst als auch durch eigene in die Schützengräben vorgeschobene
Beobachtungsposten. Wo in unübersichtlichem Gelände die
Erdbeobachtung in der Feuerstellung versagte, traten erhöhte,
auf Bäumen, Schornsteinen, Dächern errichtete Beobachtungen an
ihre Stelle. (B.-B.S.2 u. 3.)
Eine unumgängliche Ergänzung der eigenen Beobachtung war die
Herstellung einer zuverlässigen Verbindung mit der eingesetzten
und zu unterstützenden Infanterie, denn auf dem reibungslosen
Zusammenwirken beider Waffen beruhte der Gefechtserfolg in
Angriff und Verteidigung. Hierzu gehörte als eine bewährte
Maßnahme die Zuteilung von Artillerie-Verbindungsoffizieren (A.V.O.)
zu den InfanterieKampftruppen-Kommandeuren (K.T.K.) und die
Beigabe von Artillerie-Fernsprechtrupps an die angreifende
Infanterie.
Gleich wichtig waren die Maßnahmen für eine schnell und
zuverlässig arbeitende Übermittelung der beiderseitigen
Beobachtungsergebnisse und der Anweisung an die Artillerie.
Hierfür sorgte in erster Linie ein weitverzweigtes, die
beiderseitigen Befehlsstellen mit- und unter- einander
verbindendes Fernsprechnetz von geradezu phantastischer
Kabellänge. Besondere Fernsprechoffiziere hatten die Leitung und
sorgten für Einheitlichkeit und Zweckmäßigkeit der Anlage. In
Kampfhandlungen wurden die Leitungen oft zerschossen; dann
traten die Störungssucher in Tätigkeit, welche die zerrissenen
Stellen zu suchen und zu flicken hatten. Die oft im stärksten
Feuer von ihnen zu verrichtenden Arbeiten stellten an ihre
Pflichttreue und Tapferkeit allerhöchste Anforderungen. Was sie
hierbei unbeobachtet von den Augen der Vorgesetzten und oft
unbelohnt Verdienstvolles geleistet haben, dessen sei hier mit
ganz besonderer Anerkennung gedacht.
Im Trommelfeuer versagte der Fernsprecher fast stets, dann
mußten andere Verständigungsmittel bereitgehalten und in
Tätigkeit gesetzt werden. Sehr wirksam arbeitete in solchen
Fällen das Blinkgerät, besonders dann, wenn es in einem sorgsam
vorbereiteten Lichtsignalnetz eingesetzt war.
Das Sperrfeuer wurde am schnellsten durch das von der Infanterie
getätigte Abschießen von Leuchtkugeln bestimmter, meist roter
Farbe ausgelöst. Andere Farben regelten nach Vereinbarung die
Änderung der Lage des Artilleriefeuers. Sperrfeuerposten standen
an den Feuerstellungen bereit, das Lochgehen der Leuchtkugeln zu
beobachten und mittels eines einfachen Richtungsanzeigers den
Abschnitt sestzustellen, in dem es erfolgte.
Wenn im Nebel oder in den Rauchschwaden der krepierenden
Geschosse auch diese Mittel versagten, so blieb als letzte
Reserve nur immer wieder der Mensch, der als Meldegänger oder
als Glied einer Meldekette dann helfend eingreifen mußte.
Bekämpfung der feindlichen Artillerie.
Ein schwer zu lösendes Schießproblem war die Bekämpfung der
feindlichen Artillerie; sie war notwendig, da mit den
Kriegsjahren ihre Zahl und ihre Zerstörungskraft wuchs und
beides sie in den Stand setzte, Hindernisse und Gräben und alles,
was sich in ihnen an Verteidigungskräften und -Mitteln befand,
zu vernichten und zu verschütten.
Die Batterien waren aber so verdeckt aufgestellt, daß sie für
jede Erdbeobachtung ein völlig unsichtbares Ziel blieben, ihre
Lage daher nach wenig verläßlichen Anhaltspunkten nur vermutet
werden konnte, so daß der Erfolg der Beschießung mehr oder
weniger - meist weniger - ausblieb. Das galt für Freund und
Feind.
Nur vom hochstehenden Fesselballon oder vom Flugzeug aus war
ihre Lage erkennbar, in der Regel aber auch nur in Zeiten, wo
aus ihnen geschossen wurde. Einen brauchbaren Anhalt gaben
Fliegeraufnahmen, auf denen sich an allerhand Merkmalen im
Gelände, zum Beispiel an sichtbaren Zufahrtswegen, die
Stellungslage ermitteln ließ. Gegen gutgebaute und gegen
Fliegersicht sorgsam eingedeckte Batterien versagte jedoch auch
dieses Hilfsmittel, aber doch nur, solange die Geschütze
schwiegen; feuerten sie, so wurde zum Verräter an ihnen der beim
Abschuß entstehende Knall und die aufflammende Feuererscheinung.
Aus diesen Anhaltspunkten ermittelten in besonders ausgebildetem
Verfahren Schallund Lichtmetztrupps die Lage der Batterien im
Gelände und trugen sie in zuverlässig vermessene Karten ein, auf
denen auch das durch Fliegeraufnahmen genau dargestellte eigene
und feindliche Stellungssystem verzeichnet war. (B.-B.S.4 u. 5)
Mittels einer Quadrateinteilung mit ablesbaren Quadraten bis
herab zu Geländeteilen von 25 m Seitenlange ließ sich auf dieser
Karte jedes Ziel im Gelände bezeichnen und dann anrichten. Es
genügte also zur Zielbezeichnung die Angabe des Planquadrates,
in welchem das zu bekämpfende Ziel gelegen war; z. B. 4732 af.
So entstanden die auf Holztafeln gespannten Batteriepläne,
mittels deren ein Planschießen erfolgreich durchgeführt werden
konnte. Das geschah teils unter Mitwirkung des Schall- oder
Lichtmetztrupps, am wirksamsten aber dann, wenn die Beobachtung
der Lage der Schüsse zu der ermittelten feindlichen Stellung vom
Ballon oder Flugzeug aus dem Batterieführer für seine
Korrekturen mitgeteilt werden konnte. Ein nach der Beschießung
vom Flugzeug aufgenommenes Trefferbild gab dann Aufschluß über
die Lage der Schüsse zum Ziel.
Neben solchem indirekten Schießverfahren hatten die Batterien
natürlich auch Gelegenheit, sich bietende Einzelziele, wie
Minenwerfer- und M.G. Stellungen, Unterstände u. a. im normalen
Verfahren zu bekämpfen.
Die Feuerstellungen.
Wie die Infanterie ihre Gräben mit der Zeit immer besser gegen
Wetter und Beschuß ausbaute, so war auch in gleicher Weise die
Artillerie bemüht, sich in ihren Feuerstellungen wohnlich
einzurichten und so gut es ging durch Eingraben und Balkenbauten,
später auch durch Verwendung von Eisenbeton Bedienung, Geschütze
und Munition vor der Wirkung feindlicher Geschosse zu schützen.
Das geschah je nach den örtlichen Verhältnissen auf verschiedene
Weise, aber immer unter dem Zwange der Notwendigkeit, die
Stellung der Lufterkundung zu entziehen. Darum erfolgte ihr
Einbau unter Deckung bietenden Bäumen, in Läufern oder durch
künstlich geschaffene Tarnung mit Lilfe von Strauchwerk,
ausgespannter Netze und ähnlicher Mittel.
Für die Feuerbereitschaft in der Batterie sorgten feste
Geschützstände, Festlegung des Hauptrichtungspunktes, Ziel- und
Sperrseuertafeln sowie Alarmvorrichtungen. Später trat noch
hinzu eine Sicherung gegen Nahangriffe durch Amdrahtung der
Stellung und ihre Ausstattung mit M.G.'s, Karabinern und
Handgranaten.
Neben den besetzten Feuerstellungen wurden in deren Nähe
Wechselstellungen festgelegt, in welche vom Feinde erkannte und
unter ständigem schweren Beschuß liegende Batterien ausweichen
konnten; weitere Stellungen wurden sür Verstärkungsbatterien für
den Fall vorbereitet, daß sich vermehrter artilleristischer
Einsatz zur Abwehr feindlicher oder zur Durchführung eigener
Angriffe als nötig erweisen sollte.
Feuerleitung
Die Feuerleitung durch die Vorgesetzten Kommandostellen erfolgte
aus weiter rückwärts gelegenen, die Verbindung mit den
unterstellten Einheiten gewährleistenden Gefechtsständen; sie
lagen in der Regel bei oder in der Nähe der entsprechenden
Infanterie-Kommandostellen, und wechselten in ihrer Anlage
zwischen primitiven Erdstollen und schutzsicheren Betonbauten.
Die Notwendigkeit, in jedem Teil des Divisions-Abschnittes alle
hier austretenden Ziele bekämpfen zu können, führte zu der
Maßnahme, Feld- und schwere Batterien, auch solche verschiedener
Truppenverbände, in „Gruppen" und „Untergruppen" unter
einheitlicher Leitung zusammenzufassen. Für besondere
Unternehmungen traten auch besonders zusammengesetzte
Kampfgruppen in Tätigkeit.
Protzenquartiere
In den Feuerstellungen befand sich von der Batterie nur die zur
Gesechtstätigkeit notwendige Bedienung; alle anderen
Unteroffiziere und Mannschaften sowie die Pferde und Protzen,
die Munitions- und Bagagewagen wurden in Ortschaften oder Lagern,
möglichst jenseits der Grenze des feindlichen Artilleriefeuers
untergebracht. Hier waltete auch der Wachtmeister in seinem
Dienstzimmer, verantwortlich für den inneren Dienst und für die
nun einmal auch im Felde nicht ruhende Schreibarbeit. Noch
wichtiger, wenigstens nach der Ansicht der Truppe, war eine
andere Persönlichkeit, der an seiner Feldküche hantierende Koch.
Pünktlicher wie jeder Dienst wurde die Zeit der Essenausgabe
innegehalten. In die Feuerstellungen wurde die Verpflegung durch
besondere Essenträger hinausgebracht. Das geschah nicht immer
ohne Gefahr. In Landwerkerstuben wurde Schuhzeug und Bekleidung
in Ordnung gebracht.
Besondere Sorgfalt erfuhr unter Aussicht des Futtermeisters die
Pflege der Pferde. Oft bot sich die Möglichkeit, sie zu
Gespannleistungen für die Zwecke der Feldarbeit zur
Anterstützung der heimatlichen Ernährungslage heranzuziehen.
Wenn die Lage es gestattete, wurden in regelmäßigem Wechsel
Batterien aus ihren Feuerstellungen in ihre Protzenquartiere
zurückgenommen, wo sie in „Reserve-Stellung" Gelegenheit hatten,
sich einmal gründlich zu reinigen, Bekleidung, Ausrüstung und
Material in Stand zu sehen. Auch wurde hier stets die Ausbildung
für den allseitig immer wieder erhofften Bewegungskrieg
gefördert.
Noch weiter rückwärts lagen die leichten Munitionskolonnen der
Abteilungen; in ihnen hatten die Batterien die erste
Munitionsreserve. An Kampftagen erforderte die Lage nicht selten
ihr Vorziehen bis an die Feuerstellungen. Dann gab es schwere
Arbeit und verlustreiche Tage und Nächte für Mann und Pferd.
In dem vorstehend geschilderten Nahmen spielte sich an ruhigen
wie an kampfdurchtobten Fronten grundsätzlich der
artilleristische Stellungskrieg ab. Die Gleichmäßigkeit seines
Ablaufes erübrigt daher spätere Wiederholungen; der Mitkämpfer
wird aber in den Darlegungen genügend Anhaltspunkte zur
Auffrischung seiner eigenen Erlebnisse finden.
Nachdem die Vorverlegung der Division in ihre neue Stellung
durchgeführt war, wickelte sich von Anfang April an der
Stellungskrieg in den geschilderten Formen ohne besondere
Ereignisse ab. Der Stellungsbau unter Leitung fachkundiger
Bauoffiziere trat in den Vordergrund, wobei beide Gegner bemüht
waren, sich daran zu hindern und wieder zu zerstören, was der
andere hergestellt hatte. Zum Kampf stärkerer Abteilungen kam es
nur noch im Raum vor dem rechten Flügel der verstärkten
Division, dessen Hauptstellung sich noch auf dem von Igney nach
Schloß Türkheim in Blâmont, parallel der Straße Igney- Blâmont
sich hinziehenden Höhenrücken befand; die in Linie Leintrey-
Gondrexon-Chazelles-Domevre verlaufende Vorpostenstellung wurde
erst in der zweiten Jahreshälfte zur Hauptstellung ausgebaut. In
den anderen Abschnitten konnten nur noch Patrouillen tätig sein;
sie wurden ausgeschickt, um Erkundungen auszuführen, Gefangene
zu machen oder sonst den Franzosen Schaden zuzufügen. Das
geschah Nacht für Nacht und in so ausgiebiger Weise und mit
einem so wagemutigen und frischfröhlichem Angriffsgeist, daß der
deutsche Soldat sich mit Stolz rühmen konnte, das Gelände bis
zum feindlichen Drahtverhau zu beherrschen.
In den Schützengräben lagen Posten und Scharfschützen auf der
Lauer, jeden drüben unvorsichtig sich Zeigenden abzuschießen, so
daß, wie sich, jeder erinnern wird, von allen Seiten der Knall
einzelner Gewehrschüsse hörbar war. Im weiteren Verlauf
vermehrte das Krachen von Handgranaten und Minen den
Gefechtslärm. Am lebhaftesten ging es dabei in der Chamoix und
Carriere-Stellung zu. Doch war es in erster Linie die Artillerie
beider Fronten, die mit ihrem bald stärker anschwellenden, bald
schwächer werdenden Feuer noch vernehmlicher daran erinnerte,
daß auch hier der Krieg ununterbrochen seinen Fortgang nahm. Die
artilleristische Kampftätigkeit galt in erster Linie den
feindlichen Batterien; nebenher ging die Beschießung von
Schützengräben, Unterständen, von Schanzarbeitern; Abgabe von
Störungsfeuer bei Tag und Nacht.
Die beiderseitige Beschießung der in der Kampfzone liegenden und
zwangsweise von den Einwohnern geräumten Ortschaften legte mit
der Zeit alles in Schutt und Trümmer, was einst menschliche Wohn-
und Kultstätten gewesen waren. Wer in Brémenil, Parux, Montreux,
Harbouey, Petitmont gelegen hat, kann ein Lied davon singen (B.-B.S.3).
So herrschte auch an dieser Nebenfront eine Gefechtstätigkeit,
die zwar, gemessen an den Hauptkampfsronten, nur sehr gering war,
die aber doch täglich Opfer an Toten und Verwundeten forderte.
Im Juni kam es noch einmal zu ernsteren Kämpfen, und zwar am
rechten Flügel, an denen auch die 1./48 und 1./28 beteiligt
waren. In der Nacht vom 19./20. griff der Franzose nach heftiger
halbstündiger Artillerievorbereitung mit mehreren Bataillonen
die Vorpostenstellungen des Gren.Landw.Regts. 100 bei Gondrexon
und die des benachbarten 4. bayr. Landw.Regts. bei Leintrey
überraschend an. Es gelang ihm, mehrere umdrahtete Vorposten-Stützpunkte
zu nehmen und sie trotz aller sich sehr verlustreich
gestaltenden Gegenangriffe am 20. und 21. Juni, durch Einsatz
immer neuer Verstärkungen zum Teil zu behaupten.
Da die feindlichen Angriffe an der Nahtstelle der beiden
Divisionen lagen -, die 5. bayr. Landw.Brig. war Mitte Mai aus
dem Verband der 19. Ers.Div. in den der 1. bayr. Landw.Div.
Fischer übergetreten -, machte sich eine einheitliche
Kampfführung der hier eingesetzten Truppen beider Divisionen
nötig. Sie wurden zu diesem Zweck mit den aus der Armeereserve
zur Verfügung gestellten Verbänden dem General von Anger von der
7. Kav.Div. unterstellt. Dem so organisierten einheitlichen
Widertsand gelang es, alle weiteren bis Ende Juni sixh
wiederbelenden feindlichen Angriffe zum Scheitern zu bringen.
Danach setze bis Jahresende der reine Stellungskrieg mit seiner
verhältnismaßigen Ruhe wieder ein.
Artilleristische Organisationsund Gefechtsabschnittsänderung.
Bildung von Ersatz-Feldartillerie-Regiment 45
In dieser Zeit vollzog sich artilleristisch eine wichtige
Organisationsänderung. Bisher waren die 4 Ersatzabteilungen den
Infanteriebrigaden unterstellt gewesen. Ihr Einsatz innerhalb
des Divisionsabschnittes entbehrte der einheitlichen
Zusammenfassung. Ende Juni standen, den Infanterie-Abschnittskommandeuren
unterstellt, von der Feldartillerie:
im Abschnitt des Gren.Landw.Regts.100: Ers.Abt. 32 und 1./28;
im Abschnitt der 47. Ers.Brig.: Ers.Abt. 77 und 1./48;
im Abschnitt der 45. Ers.Brig.: Ers.Abt. 28 (ohne 1.) und ein
Zug 2./48; 2 Züge der 1./28 fanden als Flak-Züge, Stab und 2./48
als Divisionsreserve Verwendung.
Das Bedürfnis nach einer der Organisationsform der aktiven
Divisionen entsprechenden Gliederung führte bereits Mitte Juli
zur Aufstellung des Stabes einer 19. Ers.Feldartilleriebrigade.
Zu ihrem Kommandeur wurde Oberst Richter, bisher Kommandeur des
Feldartillerie-Regiments 28, ernannt und mit Führung dieses
Regiments Major Eppendorfs belieben. Die Neuregelung der
Befehlsverhältnisse trat unter Aufhebung der infanteristischen
Unterstellung am 4.September in Kraft. Die 4 wirtschaftlich und
disziplinell noch selbständigen, im Juli und August zu je 3
Batterien zu 4 Geschützen umformierten Abteilungen hatten
nunmehr - ebenso wie die der Division zugeteilte schwere
Artillerie - in der 19. Ers.Felda.Brig. ihre einheitliche
oberste Waffenspitze.
Die gesamte Artillerie gliederte sich taktisch in 2
Hauptabschnitte, Nord und Süd, mit je 2 Unterabschnitten, Nord A
und B und Süd A und B. Die weitere Gliederung und Ausstattung
des Regimentsabschnittes Süd mit Batterien zeigt die Skizze.
Abschnittskommandeur Nord war Major Rothe (Ers.Abt. 32), Süd
Major Bäßler (Ers.Abt. 48); Unterabschnitt Süd A war Major Engel
(Ers.Abt. 77), B: Major Reinhardt (Ers.Abt. 28). Abgeschlossen
wurde die feldartilleristische Gliederung durch die Ende
Dezember 1915 erfolgte Aufstellung zweier Regimentsstäbe. Es
wurden gebildet:
aus Ers.Abt. 28 und 48: das Ers.Felda.Regt.45 unter dem
Regimentskommandeur Major Brückner, bisher im Generalkommando
XII.R.K.
aus Ers.Abt. 32und 77: das Ers.Felda.Regt.47 unter dem
Regimentskommandeur Major Fischer, bisher Abteilungskommandeur
im Felda.-Regt. 64.
Die Gefechtsabschnitts-Einteilung mit ihrer artilleristischen
Ausstattung blieb bestehen.
Das Ers.Felda.Regt. 45 erhielt den Gefechtsabschnitt Süd;
Das Ers.Felda.Regt. 47 erhielt den Gefechtsabschnitt Nord.
Der Abschnitt Süd A (Vezouse-Abschnitt) trat unter Major Bäßler;
Der Abschnitt Süd B (Vogesen-Abschnitt) trat unter Major
Reinhardt.
Der Regimentsgefechtsstand befand sich am Südausgang von
Petitmont; wegen des unübersichtlichen Wald- und Berggeländes
erwies sich aber noch ein zweiter als notwendig; er wurde neben
dem der 45. Ers.Inf.Brig. auf der „Bergerie" eingebaut.
Der Gefechtsstand von Süd lag in Nonhigny, später in Harbouey,
der von Süd 8 auch auf der Bergerie. (Fernsprechvermittlung B.-B.S.3.)
Kriegslage Ende 1915.
So ging das Jahr 1915 zu Ende. Während es für die Division, die
nunmehr ihre Amgliederung in die Organisationsform einer aktiven
Division beendet hatte, keine großen Kampfhandlungen gebracht
hatte, war es dafür an anderen Fronten um so heißer hergegangen.
Auf den Nachbarabschnitten kam es rechts bei der Armee- Abt.
Strantz und links bei der Armee-Abt. Gaede im Laufe des Jahres
mehrfach zu sehr verlustreichen Angriffs- und Abwehrkämpfen, die
aber an der Gesamtlage dieser Fronten nichts änderten.
Die Hauptlast des Kriegsjahres 1915 hatte der rechte deutsche
Heeresflügel zu tragen und in andauernden Kampfhandlungen
französische und englische Durchbruchsversuche abzuwehren. Sie
richteten sich im wesentlichen gegen die Frontabschnitte der 6.
und 3. Armee und fanden ihre Höhepunkte in den Frühjahrsund
Herbstschlachten im Artois (zwischen Arras-La Vassee) und in den
Frühjahrsund Herbstschlachten in der Champagne östlich Reims (zwischen
Massiges- Auberive). Sie scheiterten, wenn auch unter schweren
beiderseitigen Verlusten.
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