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1914-1916 - Das Kgl. Sächs. Ersatz-Feldartillerie-Regiment Nr. 45


Das Kgl. Sächs. Ersatz-Feldartillerie-Regiment Nr. 45 und seine Stammabteilungen; mit 22 Gefechtsskizzen, 6 Karten, 7 Bildern und 38 Photographie-Abdrucken
Johannes Brückner,
Ed. V. Baensch, Dresden 1937


IV. Stellungskrieg in Lothringen.
(18. 9. 1914-19.9.1916.)
Vorstoß der 19. Ers. Div. gegen Domevre-Badonviller.
(18.-24.9.1914.)

Nachdem bereits am 18. 9. Vortruppen der ganzen Armeefront bis an die Grenze des Schußbereiches der Artillerie vorgeschoben waren, wurde am 19. 9. die allgemeine Vorwärtsbewegung angetreten; in ihr rückte die Division mit der 47. Brig. über St. Georg- Ibigny auf Foulcrey, mit der 45. Brig. über Lörchingen auf Hattigny- Bertrambois und schob Sicherungen an den Vesouze-Abschnitt vor. Am 20. gelangte die Division - auch weiterhin ohne feindlichen Widerstand - mit 47. Brig. bis Blâmont, mit 45. Brig. bis Cirey. Vorhuten sicherten in der Linie Repaix-Harbouey-Petitmont.
Am 21. 9. setzte die 45. Brig. den Marsch auf Parux sort und entwickelte sich hier gegen die vom Feinde besetzt gehaltene Front St.Pôle-Badonviller zum Angriff; ihre Artillerie ging mit Ers.Abt./28 und 2./48 auf der Höhe nördlich Brémenil, mit der 1./48 südlich Neuviller in Stellung. Unter ihrem wirksamen Feuerschutz gelang es der Brigade ohne große Opfer Badonviller zu nehmen, wo 20 Gefangene eingebracht wurden. Der Feind wich auf Peronne zurück. Rechts hatte die 47. Brig. sich in den Besitz von Domêvre und Ancerviller gesetzt. Die Division verblieb in der Nacht in dem gewonnenen Abschnitt.
Für den 22. 9. ordnete General von Falkenhausen für die ganze Armee-Abteilung einen Halt an, der auch über den 23. hinaus verlängert wurde, und befahl, daß über die erreichten Stellungen nur Erkundungsabteilungen vorgetrieben werden sollten. Am 23. hatte sich der Feind vor der Division verstärkt und verschanzt; Brémenil, Ogeviller, Mignéville, St. Pôle und Pexonne waren von ihm besetzt. Auf Grund einer Weisung des A.O.K. an die Division, sich in den Besitz von Mignéville, Montigny und Peronne zu sehen, falls diese Orte nach ihrer Ûberzeugung nur schwach besetzt seien, hatte sich die Division am Morgen zum Angriff bereitgestellt


Artillerie auf dem Marsch durch Parux

Während es der 47. Brig. gelang, Mignéville und Montigny in leichtem Kampf zu nehmen, kam der Angriff der 45. Brig., artilleristisch unterstützt von der Ers.Abt./28 und 2./48 von der Höhe nördlich Badonviller und der 1./48 dicht nördlich Neuviller, vor Peronne zum Stehen. In der Nacht verblieben die Truppen in den erreichten Linien und erhielten Befehl, sie zu halten, aber von einem weiteren Angriff am nächsten Tage Abstand zu nehmen. Am 24. entspann sich auf der ganzen Front ein stehendes Feuergefecht. In der Nacht vom 24. zum 25. wurde die Division in den Abschnitt Blâmont-Cirey zurückgenommen; das rechts anschließende Korps Twardowski in die Linie Lagarde- Autrepierre-Repaix.
Damit hatte die Vorwärtsbewegung der Armee-Abteilung ihr Ende gefunden. So unerfreulich dieser Abschluß von allen Beteiligten empfunden wurde, war er doch in der allgemeinen Lage begründet: wieder war das Herauslösen weiterer Kräfte aus dem Armeeverbande notwendig geworden; am 22. 9. hatten das XIV. R.K. und die 4. Ers.Div., am 25. 9. das I. bayr. R.K. den Befehl zum Abtransport erhalten. Es kam hinzu, daß der unternommene Vorstoß die von der O.H.L. gewünschte Klarheit darüber gebracht hatte, daß an dieser Front eine große französische Offensive nicht mehr zu erwarten war, verlustreiche Kämpfe daher keinen Sinn mehr hatten und unterbleiben mußten.

19. Ers.Div. in der Stellung Blâmont-Tanconville.
(25. 9.1914-26.2.1915.)

So sah der Abend des 25. 9. die Division in der ihr zugewiesenen und nunmehr zu haltenden Stellung auf dem Nordufer der Vesouze. Sie verlief von der Ferme Ste. Anne nördlich Blâmont bis Tanconville; den rechten Abschnitt bis Frémonville hatte die 47. Brig., den linken anschließend bis Tanconville die 45. Brig. zu behaupten; ihre beiden Abteilungen gruben sich am Südrand des Bois de Blâmont bei La Vigne und Tanconville ein. Protzen und große Bagagen bezogen Ortsunterkunft in Frémonville, Richeval, Hattigny und Ibigny.
Korps Twardowski schloß sich rechts bei Repaix an; links füllten Landsturmtruppen die Lücke zum Vogesenkorps Eberhardt. Der Feind war vorsichtig bis an die Linie Domêvre-Montreux-Parux vorgerückt. Die von Lagarde über Igney-Repaix-Frémonville-Tanconville verlaufende Hauptwiderstandsfront wurde durch eine von Xures über Xousse-Chazelles-Domêvre-Harbouey-Petitmont verlaufende Vorpostenlinie gesichert. Die Stellungen wurden verstärkt. Bis auf einige Artilleriebeschießungen herrschte Ruhe.

In diesen Tagen erfuhr die Kampfkraft der Armee-Abteilung dadurch eine weitere Schwächung, daß sie drei Ersatz-Divisionen zum Abschluß der Nordfront der Festung Toul-Nancy einzusetzen hatte. Abtransportiert wurde auch die bayr. Ers.Div. aus dem Korps Eberhardt. So stand Anfang Oktober die Armee-Abt. Falkenhausen:
mit einem Nordflügel (3 Ers.Div. und 1 Brig.) von Apremont über Pont à Mousson bis Manhoué;
mit einer Mitte (bayr. Landw.Div. Fischer mit 60. Landw.Brig., 19. Ers.Div. mit unterstellter 5. bayr. Landw.Brig.) anschließend bis Cirey;
mit einem Südflügel (Korps Eberhardt) in den Vogesen bis Markirch.
Es hatten also 9 Ers.und Landw.Div. einen 180 km breiten Abschnitt zu sichern. Daß diese schwache Sicherung jede größere Offensivtätigkeit ausschloß, war eine Selbstverständlichkeit. Da aber auch der Franzose sich auf der Gegenfront ganz zurückhielt, war es kein Wunder, daß die Gesechtstätigkeit auf der Lothringer Front fast völlig erlosch. Am 21.9. 14 hatte Major Reinhardt die Führung der Ers.Abt./28 und Oberleutnant Haslinde die Führung der 2. Batt. an Stelle des erkrankten Oberleutnants Krause übernommen.

Kriegslage.
Am so heißer wurde dafür auf anderen Fronten gekämpft. Auf dem rechten deutschen Heeresflügel dauerte seit dem Marne-Rückzug das erbitterte Ringen in schweren Kämpfen bei Arras und in Flandern mit unverminderter Leftigkeit fort. Am 10. Oktober fiel Antwerpen.
An der rechten Nachbarfront hatten die Angriffe der Armee Abt. Strantz aus die befestigte mittlere Maaslinie zwischen Verdun und Toul nach harten Kämpfen vom 17. bis 27. 9. zur Einnahme des Forts Camp des Romains und zur Besitznahme des Maasüberganges bei St. Mihiel geführt, waren dann aber steckengeblieben und in einen Stellungskrieg übergegangen, der bis Jahresschluß in örtlichen Kampfhandlungen von wechselnder Stärke geführt wurde. Auch gegen die Armee-Abt. Gaede richteten sich mehrfache, zum Teil starke französische Angriffe, aber auch sie ohne nennenswerten Erfolg.
Im Osten hatte sich Mitte August 1914 die russische Dampfwalze in Bewegung gesetzt. In Ostpreußen wehrte Hindenburg durch seine großen Siege bei Tannenberg (26.-31.8.) und an den Masurischen Seen (8.-I I. 9.) den Einfall zweier Ruffenheere ab, während unser in Galizien aufmarschierter österreichischer Verbündeter nach Anfangserfolgen eine schwere Niederlage erlitt und bis an die Karpathenkämme zurückwich. Die nunmehr drohenden Russeneinfälle nach Angarn, Mähren, Schlesien und Posen wurden durch Hindenburgs siegreiche Vorstöße auf Warschau (Mitte Oktober) und auf Lodz (November-Dezember) erfolgreich abgewehrt. Ende Dezember ging aber auch hier im Osten die Offensive der Verbündeten auf der ganzen mehr als 1000 km langen deutsch-österreichischen Ostfront von Kowno über Lodz bis zur rumänischen Grenze in den Grabenkrieg über. Am 28. 10. trat die Türkei auf die Seite der Mittelmächte.
Alle diese und künftige Operationen waren aber der O.H.L. nur möglich, wenn sie die Gewähr hatte, daß die anderen Fronten gehalten wurden, darunter also auch die Lothringer Front.
Hier war bis zum 30. 9. bei der 19. Ers.Div. die zur Organisierung der Verteidigung erforderliche Abschnitts-Gliederung durchgeführt. Gebildet wurden die auf der Skizze bezeichneten 4 Abschnitte: I. Abschnitt mit 5. bayr. Landw.Brig. (Landw.Regt. 4 und 5) und 1./Ers.Abt. 48 (diese vom 29.9.14-27.6.15); 2. Abschnitt mit Landw.Regt. 71 (ab 9.11.14 Landw.Gren.Regt. 100) und Ers.Abt. 32; 3. Abschnitt mit 47. Ers.Brig., Ers.Abt. 77 und 2./Ers.Abt. 28; 4. Abschnitt mit 45. Ers.Brig., 1./Ers.Abt. 28 und 2./Ers.Abt. 48.
An schwerer Artillerie war jedem Abschnitt noch je eine s.F.H.Battr. Landw.Futza. 16 und je eine 9-cm-Battr. zugeteilt.
Der Ausbau dieser Stellung und seine Verstärkung wurde sofort in Angriff genommen und bildete die Hauptarbeit in den nächsten Wochen, da die Gefechtstätigkeit selbst nur gering war. Der Feind stand mit seinen Hauptkräften noch weit zurück,und zwar längs der Chaussee Marainviller-Badonviller. Es lag daher zwischen den Hauptkräften der beiden Fronten ein bis 12 km tiefes Zwischengelände, auf welchem noch eine bewegliche Kampfführung möglich war und eine rege beiderseitige Erkundungstätigkeit zu kleineren und größeren Patrouillen- und Vorpostengefechten führte, wobei auch die Artillerie öfter Gelegenheit zur Mitwirkung fand. Die zahlreichen, zwischen beiden Fronten gelegenen, noch von der französischen Bevölkerung bewohnten Ortschaften lockten Freund und Feind, mit Beitreibungs-Kommandos sich zu holen, was sie an Vieh, Verpflegungsmitteln und Hausgerät für ihre Unterkunft brauchen konnten. Das waren auch oft die Anlässe, aus denen es zu Zusammenstößen kam. Mancher kühne Landstreich kam hier zur Ausführung. So hatte sich bei einer nächtlichen Unternehmung gegen Embermenil der Fähnrich Jeremias der 1. Batt., der mit einem Artillerie-Fernsprechtrupp daran beteiligt war, durch tatkräftiges Handeln ausgezeichnet. Als der Infanterie-Führer fiel, übernahm er kurz entschlossen selbst das Kommando, überrumpelte die französische Vorposten-Abteilung, nahm sie gefangen und befreite dabei noch einige gefangene Kameraden.
In diesen Tagen mehrten sich die Anzeichen, daß der Franzose sich anschickte, Truppen aus seiner Front abzutransportieren. Das war auftragsgemäß zu verhindern. Daneben galt es, mit Sicherheit festzustellen, wo er mit seinen Hauptkräften stand. Zu diesem Zweck erhielt die Division Befehl zu einem Vorstoß gegen die Linie Domêvre-Ancerviller. Die Nachbarabschnitte hatten durch Vorpostenunternehmungen mit vorgezogenen Batterien dabei mitzuwirken.
 

Gewaltsame Erkundung der 19. Ers.Div.
(5.-6.11.1914.)

Am 5.11.7° vorm, trat die bei Blâmont versammelte Division - unter Zurücklassung der zur Sicherung der Stellung notwendigen Teile - in folgender Marschordnung den Vormarsch an: Vorhut: 1 Btl. 47. Brig. Gros: 2 Btle. 47. Brig.; Ers.Abt. 77; 3 Btle. 45.Brig.; 1./Ers.Abt.28,2.(F.)/Ers.Abt.48; 1 Btl.Landw.-Regt.4; 1 Zug 2./Ers.Abt. 28; 2 l. M.K., entwickelte sich aus der Linie Clair Bois-Bois des Chiens zum Angriff auf Domêvre-Neuviller und setzte sich, unterstützt von ihrer Artillerie aus Feuerstellungen bei Hameau-D'Ancerviller, sowie am Clair Bois und bei Montreux, ohne nennenswerten Widerstand in den Besitz der genannten Orte. Feindliches Artilleriefeuer war ohne Stärke und Wirkung. Vor den gegen den Blette-Bach vorgetriebenen Erkundungsabteilungen ging schwacher Feind zurück. Festgestellt wurde, daß der Gegner seine Hauptstellung hier hinter der Verdurette und seine Vorstellung hinter dem Blette-Bach hatte, und daß Batterien von ihm an den Orten Reclonville, Pettonville, Brouville, Merviller und Badonviller standen.
Mit dieser Feststellung hatte die Division ihren Auftrag erfüllt und konnte unbehelligt in ihre Stellung zurückkehren. Der Feind folgte zögernd bis Bois Banal-Neuviller.
Noch hinzuzufügen ist, daß der berühmte schwedische Asienforscher und Deutschenfreund, Sven Pedin, diese Unternehmung als Gast der Division miterlebt und dabei längere Zeit auch bei der 2.Batt. geweilt hat.
In den Tagen vom 7. bis 12.11. tauschte die Division das bayr. Landw. Regt. 7l gegen das sächs. Gren.-Landw.Regt. 100 mit der rechts anschließenden bayr. Landw.Div. Fischer aus.
Am 12.11. führte der Gegner mehrere Kompagnien zu einem Vorstoß gegen Cirey vor und besetzte Val und Petitmont. Seine Artillerie belegte Cirey und die Vorpostenstellung daselbst mit Feuer. Ein Zug der 2./28 beschoß aus einer Stellung nördlich Cirey das besetzte Petitmont; doch stellten starke Patrouillen fest, daß der Feind am Abend an allen Stellen wieder zurückging.

Gefechte bei Cirey.
(16.-18.11.1914.)

Am 16.11. erneuerte der Franzose, und zwar mit starken Kräften den Angriff auf Cirey. Mehrere bei St. Sauveur, Petitmont und Parux stehende Batterien hielten die Stadt und Umgebung unter Feuer, wenn auch mit geringer Wirkung. Der aus der Linie Petitmont-Val-Chatillon sich entwickelnde Angriff blieb ohne Erfolg; an seiner Abwehr wirkte die 1./28 tatkräftig mit. Der Feind zog sich zurück, beließ aber Sicherungen in Chatillon, Val und Petitmont. Eine über Harbouey vorgeschickte Anterstützungsabteilung der 47. Brig. fand keinen Feind und kehrte abends zurück.
Die Division entschloß sich nun, selbst zum Angriff überzugehen, und stellte am 17.11. einen starken Angriffsffügel bei Bertrambois- Harcholins für den Fall eines erneuerten feindlichen Angriffes bereit. Als die Aufklärung ergab, daß der Gegner die Lohen südlich der Straße Cirey-Saussonrupt und nordöstlich Val, sowie das Gelände östlich Val und Petitmont mit eingegrabener Infanterie besetzt hatte und seine Artillerie aus den gestrigen Stellungen zu feuern begann, wurde zum Angriff gegen die Linie Val-Saussonrupt angetreten. Die 2./48 und 1./53 wandten sich mit sichtbar starkem Erfolg aus einer Stellung am Wegekreuz Pro Marandel gegen die bei Val erkannten Schützenlinien. Schloß Chatillon wurde erstürmt.
Auch die 47. Brig. rückte zur Unterstützung mit 10 Kompagnien über Harbouey in das Gehölz Bois de La Tour, von wo sie sich beiderseits der Straße nach Petitmont gegen einen aus diesem Ort heraustretenden Angriff entwickelte und ihn unter schweren Feindverlusten abschlug. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde bis auf zwei in Harbouey belassene Kompagnien der Rückmarsch in die Stellung zu deren Wiederbesehung angetreten. Die bei Cirey eingesetzten Teile der Division blieben die Nacht am Feind.
Am 18.11. sollten Val und Petitmont genommen werden. Als die Angriffstruppen aus der Linie Cirey-Saussonrupt vorgingen, zeigte es sich jedoch, daß die genannten Angriffsziele vom Feinde bereits geräumt waren. Sie wurden nunmehr besetzt.
In der Folgezeit erschöpfte sich die Gefechtstätigkeit weiter in andauernden größeren und kleineren Patrouillengefechten und Artilleriebeschießungen; der Gegner unternahm aus seiner im Abschnitt Frémenil-Montigny-Badonviller sestgestellten und durch Vorposten in Linie Vého-Blémerey-Ancerviller gesicherten Hauptstellung keinerlei ernste Angriffe mehr.
In der Gliederung der Artillerie vollzog sich Ende November insofern eine Änderung, als der von den Folgen seiner Verwundung wiederhergestellte Major Eppendorf zum Kommandeur der Artillerie und gleichzeitig zum Kommandeur der unter ihm zu einem Regimentsverband zusammengeschlossenen 4 Ersatz-Abteilungen bestellt wurde. Taktisch war ihm auch die schwere Artillerie des Divisionsabschnittes unterstellt; sie umfatzte damals das I. Landw.Futza.Btl. 16 mit 4 Batterien, eine Mörserbatterie, eine halbe Batterie 13 cm und eine 9 cm Batterie.
Major Bätzler wurde als Artillerie-Kommandeur der 5. bayr. Landw.Brig. des Generalleutnants Wening zur Verfügung gestellt. Am 9.12. trat Jägerbtl. 9 zur 45. Brig. und übernahm die Sicherung in Linie Schloß Châtillon--Türkstein.
Das Ende des Dezember rückte heran und mit ihm das Weihnachtsfest mit seiner frohen Botschaft: „Friede aus Erden!" Aber kein Glockengeläut trug hier in diesem Jahre die tröstliche Kunde weiter; es war Krieg, und die Kanonen hatten das Wort; und was sie sprachen, das klang nicht nach Frieden, sondern war Kampf, Not und Tod.
And trotzdem ließ der deutsche Soldat sich sein Weihnachtsfest nicht nehmen, sondern feierte es, wo und wie es nur immer ging. Und wer hier in Lothringen in diesen Tagen die Wacht an des Reiches Grenze hielt, der hatte Glück, dem hat kein Feind die Freude seines Festes gestört.
And so sammelte sich alles im Quartier und vielfach auch im Anterstand um einen lichtergeschmückten Tannenbaum zu weihnachtlicher Andacht. Die alten Weihnachtslieder erklangen; jeder freute sich seiner Weihnachtspost und der reichlichen Liebesgaben aus der fernen, noch unter keinem Mangel leidenden, dankbaren Heimat. Mehr und sehnsüchtiger noch als sonst schweiften wohl die Gedanken zu den Lieben daheim, und manchen hat damals die Frage bewegt: wird es das letzte Weihnachten im Felde sein oder gar das letzte von mir? Aber trübe Stimmung kam im Kameradenkreise nicht auf: der Krieg hatte hart gemacht, hatte aber auch in der Gemeinschaft der Batterie ihren Angehörigen eine zweite Heimat, eine zweite Familie geschaffen; und in dieser kameradschaftlichen Verbundenheit traten schwere Gedanken zurück. Und so klang und sang es weiter durch das schöne Fest:
„O du fröhliche, o du selige Weihnachtszeit!"

Kriegslage.
So kam das Ende des ersten Kriegsjahres heran. Das Ergebnis der Kriegführung der verbündeten Mittelmächte am Jahresschlutz war trotz größter, die Welt in Erstaunen setzender deutscher Waffentaten in West und Ost ohne Kriegsentscheidung geblieben. Der Kampfwert des österreichisch-ungarischen Heeres war gesunken; die Last des Krieges begann sich mehr und mehr auf die Schultern des kriegsbewährten deutschen Leeres zu senken.
Die der Armee-Abt. Falkenhausen gestellte Aufgabe, Schutz der Reichslande und Fesselung des gegenüberstehenden Feindes, blieb auch für das Jahr 1915 bestehen. Die Gefechtstätigkeit war hierbei bis in die zweite Hälfte des Februar hinein nicht erheblich, nur in den Vorpostenstellungen erfolgten wiederholte Patrouillen-Zusammenstöße, oft unter artilleristischer Mitwirkung.
Ende Februar wurden die Ersatz-Bataillone zu Regimentern zusammengefaßt und die Stäbe der neugebildeten Ersatz-InfanterieRegimenter 23 und 32 bei der 45. Brig., 24 und 40 bei der 47. Brig. aufgestellt.

Vorverlegung der 19. Ers.Div.
(27.2.-4.3.1915.)

Zur Verbesserung der Widerstandslinie ordnete General von Falkenhausen ein Vorschieben der 19. Ers.Div. und des rechten Flügels des Vogesenkorps Eberhardt (jetzt XV. R.Korps genannt) in die Linie Domêvre-Les Collines an. Das am 27.2. zur Durchführung gekommene Unternehmen gelang schon am ersten Tage ohne nennenswerten feindlichen Widerstand. Hierbei unterstützten innerhalb ihrer Abschnitte die rechts anschließende 1. bayr. Landw. Div. und die 61. R.Brig. die Angriffsbewegung an diesem und den folgenden Tagen durch Vorstöße stärkerer gemischter Waffen, bei denen es zu vielen örtlichen Kämpfen kam.
Von der Division war am Nachmittag des 27. 2. die 47. Brig. im Besitz der Linie Höhe 328 östlich Domêvre-Montreux-Wald zwischen Neuviller und Bremenil und begann, sich hier sofort einzugraben. Auch der 45. Brig. gelang es, leichten Kampfes die Linie Waldrand westlich Les Carrieres-Le Chamoix-Höhenrücken mit Höhe 514 1 km südlich Angomont zu erreichen und sich nordwestlich des Bachgrundesauf dem Hang bis zur Höhe 542 nördlich La Chapelotte festzusetzen und zur Verteidigung einzurichten. Hervorragenden Anteil an dem Gefechtserfolg hatte ein Zug der 1./28 unter Leutnant Meißner; er ging mit der Infanterie auf deren linkem Flügel vor, begleitete den Angriff in vorderster Linie und nahm zuletzt auf Höhe 514 Stellung.
Feindliche Artillerie schoß hauptsächlich aus Stellungen bei Badonviller und aus Waldstücken nördlich des Blettebaches. Ein auf Badonviller beabsichtigter Angriff mußte aufgegeben werden, da der Franzose auf den Längen westlich Thiaville-Allencombe in stark befestigten Feldstellungen stand. Die Nacht zum 28. verlief ruhig; auch tagsüber konnten die gewonnenen Stellungen ohne Belästigung durch den Feind weiter ausgebaut und befestigt werden.
Erst im Monat März kam es zu heftigen Kämpfen. Ein feindlicher, am 1.3.15 gegen das Iäger-Btl. 9 bei La Chapelotte gerichteter Angriff scheiterte. Mätziges Artilleriefeuer lag auf den gewonnenen Linien. Zur unmittelbaren Unterstützung der Infanterie glückte es unter größten Anstrengungen, 2 Geschütze der 2. (F.)/Ers.Abt. 48 auf der Höhe 359 südöstlich Brémenil in Stellung und zu ausgezeichneter Wirkung zu bringen.
Am 2.3. wurde der Angriff fortgesetzt. Das Wetter war umgeschlagen; es herrschte heftiges Schneetreiben; doch gelang es, den Feind, der sich oft in mehreren übereinanderliegenden Schützenlinien festgesetzt hatte, bis über die Linie Le Chamoix-Thiaville zurückzudrängen. Den Hauptanteil an diesem Erfolg hatte unsere Artillerie, die mit 4 schweren Batterien (1 10-cm-, 2 s. F.H.-Batterien und 2 15,5 cm-Geschützen) und 3 Feldbatterieen mit ihrem gut geleiteten Feuer den Infanterieangriff in ausgezeichneter Weise vorbereitet hatte.
Der 3.3. verlief an, Vormittag verhältnismäßig ruhig. In der Nacht vom 3. zum 4. stieß ein neuer Angriff auf Montreux-Le Chamoix vor, der mit Verlusten abgewiesen wurde. Der Zug Meitzner nahm auch an diesen Abwehrkämpfen hervorragenden Anteil. Eine am 4.3. auf Le Chamoix geführter französischer Angriff scheiterte gleichfalls.
Die Division hatte die von ihr erstrebte Stellung fest in der Hand. Vergeblich mühte sich der Franzose in den kommenden Wochen, besonders in den Tagen vom 22. bis 24. März bei Neuviller und östlich davon, durch Infanterieangriffe ihr den Gewinn wieder streitig zu machen. Auch sein in wechselnder Stärke auf die neuen Linien gelegtes Artilleriefeuer verursachte zwar einige Verluste, vermochte aber an der neuen Lage nichts mehr zu ändern. So verzichtete er auf weitere Angriffe und begann, sich ebenso einzugraben, wie das auch die Division in ihren nunmehr für die Dauer festliegenden Stellungen tat.

Stellungskrieg in Lothringen 1915

Auf diese Weise entstand schon im Laufe des Jahres 1915 ein immer weiter ausgebautes System von Gräben und Drahtverhauen. Das bisherige tiefe Zwischengelände verschwand und mit ihm die Möglichkeit zur Fortsetzung einer beweglichen Kampfführung. Immer näher schoben sich die Stellungen aneinander, immer schmaler wurde das „Niemandsland" und ließ nur noch Raum für Patrouillengänge. In der Gefechtstätigkeit trat das Artilleriefeuer in den Vordergrund; später schaltete sich auch der Minenwerfer ein. Angriffsunternehmungen waren selten, blieben örtlich beschränkt und dienten nur kleinen Stellungsverbesserungen oder der Absicht, Gefangene zu machen, um aus ihren Aussagen und Uniformen Aufschlüsse über die Verteilung der Feindkräfte zu gewinnen. Der reine Stellungskrieg setzte ein und nötigte die Truppe, sich auf eine veränderte Kampfesweise umzustellen.

Neue artilleristische Feuertaktik.

Auch für die Artillerie bildete sich eine vom Bewegungskrieg völlig verschiedene Art der Feuertaktik heraus mit festen, für Angriff und Verteidigung gleichbleibenden Feuerformen. Da sie in Zukunft auf allen Fronten zur Geltung kamen, seien sie zur Vermeidung von Wiederholungen im nachstehenden kurz in das Gedächtnis der Leser zurückgerufen. Je mehr sich die beiderseitigen Stellungen einander näherten und je umfangreicher deren Anlagen wurden, um so mehr wuchs die Möglichkeit, unbemerkt Angriffstruppen in ihnen bereitzustellen, sie überraschend vorbrechen und den verringerten Zwischenraum schnell von ihnen durchlaufen zu lassen. War die Zerstörung der feindlichen Hindernisse und die Zerschlagung der Gräben vorher erfolgreich durchgeführt, so hatte der Angriff alle Aussichten auf ein Gelingen, wenn die Artillerie des Verteidigers nicht mit sofortiger Wirkung half. Das war ihr aber aus ihren rückwärtigen Stellungen nur dann möglich, wenn sie schon vorher Vorkehrungen getroffen hatte, die geeignet waren, das eigene Feuer mit der Fügsamkeit einer einzigen Waffe sofort wirksam werden zu lassen. Eine solche Möglichkeit bestand nun deshalb, weil die zu bekämpfenden Ziele schon seststanden: es waren die Gräben, in welchen der Angreifer sich sammeln und aus denen er zum Angriff heraussteigen mußte.
Es war daher angängig und geboten, sich schon vorher gegen sie einzuschießen und die gewonnenen Ergebnisse in den Feuerstellungen so festzulegen, daß gegen jeden im Feuerbereich der Batterie liegenden Stellungsabschnitt durch einen kurzen Befehl oder ein verabredetes Zeichen das Feuer mit sofortiger Wirkung ausgelöst werden konnte. Durch die von verschiedenen Faktoren bedingten und die erschossenen Flugbahnen verändernden Streuungen der Geschosse kam es dabei in der ersten Zeit bedauerlicherweise hin und wieder auch zu unverschuldeten Kurzschüssen in die eigenen Gräben. Diese Streuungen, die zum Teil in der Beanspruchung von Rohr und Lafette, vornehmlich aber in den veränderlichen Wirkungen von Luftgewicht und Luftbewegung ihre Ursache hatten, wurden durch Berücksichtigung dieser Fehlerquellen später fast ganz ausgeschaltet. Jedes Geschütz erschoß seine eigene Geschoßbahn, die Batterie die Tageseinflüsse; noch später übermittelte eine Zentral-Wetterstelle täglich die Angaben über die die Flugbahn ändernden Lufttageseinflüsse. Mit Hilfe einfacher Tabellen konnte dann für jeden Tag der Mehroder Minderbedarf an Entfernung gegenüber der normalen Erhöhung ermittelt werden.
Vier Hauptfeuerarten hatten sich im Stellungskrieg für Angriff und Verteidigung herausgebildet:
1. das Sperrfeuer. Wie sein Name sagt, sollte es mit seinen Geschossen dem Gegner den Weg sperren; zur Verteidigung war es meist dicht an die eigenen Gräben herangezogen; zum Angriff sollte es dem Verteidiger den Weg nach rückwärts verlegen und die Heranführung von Verstärkungen verhindern;
2. das Zerstörungsoder Vernichtungsfeuer hatte zum Zweck, durch Konzentration der Wirkung alles zu zerstören und zu vernichten, was der Gegner an Kampfanlagen, Kampfmitteln und Kampfkräften besaß. Die Feuergeschwindigkeit steigerte sich hierbei oft zum „Trommelfeuer".
Schutzzahl, Dauer und Geschwindigkeit waren bei beiden Feuerarten im Einzelfall nach der Gefechtslage verschieden und wurden nach ihr geregelt. Jede Batterie erhielt ihre Sperr- und Zerstörungsfeuerräume zugewiesen, auf die sie sich einzuschießen hatte;
3. das Störungsfeuer war dazu bestimmt, den hinter der feindlichen Front bei Tag und Nacht durch Ablösungen, Zufuhr von Munition, Material und Verpflegung sich abwickelnden Verkehr durch Abgabe einer Anzahl von Schüssen zu unregelmäßigen Zeiten zu stören. Auch zu diesem Zweck suchte ein vorangegangenes Einschießen auf erkannte Verkehrsstellen, wie Straßenkreuzungen, Ortseingänge, Deckung bietende Wälder, Mulden usw. sich die Wirkung zu sichern;
4. die Feuerwalze war eine Einführung des letzten Kriegsjahres, sie lief der angreifenden Infanterie als ein beweglicher und in seiner Vorwärtsbewegung nach Zeiten geregelter Feuerschutz voraus.
Auslösung des Artilleriefeuers.
Das Zerstörungs- besonders aber das Sperrfeuer konnten aber erst dann ihren Zweck erfüllen, wenn sie rechtzeitig und gegen das richtige Ziel einsetzten. Dazu hatte die Artillerie zunächst durch eigene Beobachtung zu sorgen, sowohl in der Feuerstellung selbst als auch durch eigene in die Schützengräben vorgeschobene Beobachtungsposten. Wo in unübersichtlichem Gelände die Erdbeobachtung in der Feuerstellung versagte, traten erhöhte, auf Bäumen, Schornsteinen, Dächern errichtete Beobachtungen an ihre Stelle. (B.-B.S.2 u. 3.)
Eine unumgängliche Ergänzung der eigenen Beobachtung war die Herstellung einer zuverlässigen Verbindung mit der eingesetzten und zu unterstützenden Infanterie, denn auf dem reibungslosen Zusammenwirken beider Waffen beruhte der Gefechtserfolg in Angriff und Verteidigung. Hierzu gehörte als eine bewährte Maßnahme die Zuteilung von Artillerie-Verbindungsoffizieren (A.V.O.) zu den InfanterieKampftruppen-Kommandeuren (K.T.K.) und die Beigabe von Artillerie-Fernsprechtrupps an die angreifende Infanterie.
Gleich wichtig waren die Maßnahmen für eine schnell und zuverlässig arbeitende Übermittelung der beiderseitigen Beobachtungsergebnisse und der Anweisung an die Artillerie. Hierfür sorgte in erster Linie ein weitverzweigtes, die beiderseitigen Befehlsstellen mit- und unter- einander verbindendes Fernsprechnetz von geradezu phantastischer Kabellänge. Besondere Fernsprechoffiziere hatten die Leitung und sorgten für Einheitlichkeit und Zweckmäßigkeit der Anlage. In Kampfhandlungen wurden die Leitungen oft zerschossen; dann traten die Störungssucher in Tätigkeit, welche die zerrissenen Stellen zu suchen und zu flicken hatten. Die oft im stärksten Feuer von ihnen zu verrichtenden Arbeiten stellten an ihre Pflichttreue und Tapferkeit allerhöchste Anforderungen. Was sie hierbei unbeobachtet von den Augen der Vorgesetzten und oft unbelohnt Verdienstvolles geleistet haben, dessen sei hier mit ganz besonderer Anerkennung gedacht.

Im Trommelfeuer versagte der Fernsprecher fast stets, dann mußten andere Verständigungsmittel bereitgehalten und in Tätigkeit gesetzt werden. Sehr wirksam arbeitete in solchen Fällen das Blinkgerät, besonders dann, wenn es in einem sorgsam vorbereiteten Lichtsignalnetz eingesetzt war.
Das Sperrfeuer wurde am schnellsten durch das von der Infanterie getätigte Abschießen von Leuchtkugeln bestimmter, meist roter Farbe ausgelöst. Andere Farben regelten nach Vereinbarung die Änderung der Lage des Artilleriefeuers. Sperrfeuerposten standen an den Feuerstellungen bereit, das Lochgehen der Leuchtkugeln zu beobachten und mittels eines einfachen Richtungsanzeigers den Abschnitt sestzustellen, in dem es erfolgte.
Wenn im Nebel oder in den Rauchschwaden der krepierenden Geschosse auch diese Mittel versagten, so blieb als letzte Reserve nur immer wieder der Mensch, der als Meldegänger oder als Glied einer Meldekette dann helfend eingreifen mußte.

Bekämpfung der feindlichen Artillerie.

Ein schwer zu lösendes Schießproblem war die Bekämpfung der feindlichen Artillerie; sie war notwendig, da mit den Kriegsjahren ihre Zahl und ihre Zerstörungskraft wuchs und beides sie in den Stand setzte, Hindernisse und Gräben und alles, was sich in ihnen an Verteidigungskräften und -Mitteln befand, zu vernichten und zu verschütten.
Die Batterien waren aber so verdeckt aufgestellt, daß sie für jede Erdbeobachtung ein völlig unsichtbares Ziel blieben, ihre Lage daher nach wenig verläßlichen Anhaltspunkten nur vermutet werden konnte, so daß der Erfolg der Beschießung mehr oder weniger - meist weniger - ausblieb. Das galt für Freund und Feind.
Nur vom hochstehenden Fesselballon oder vom Flugzeug aus war ihre Lage erkennbar, in der Regel aber auch nur in Zeiten, wo aus ihnen geschossen wurde. Einen brauchbaren Anhalt gaben Fliegeraufnahmen, auf denen sich an allerhand Merkmalen im Gelände, zum Beispiel an sichtbaren Zufahrtswegen, die Stellungslage ermitteln ließ. Gegen gutgebaute und gegen Fliegersicht sorgsam eingedeckte Batterien versagte jedoch auch dieses Hilfsmittel, aber doch nur, solange die Geschütze schwiegen; feuerten sie, so wurde zum Verräter an ihnen der beim Abschuß entstehende Knall und die aufflammende Feuererscheinung. Aus diesen Anhaltspunkten ermittelten in besonders ausgebildetem Verfahren Schallund Lichtmetztrupps die Lage der Batterien im Gelände und trugen sie in zuverlässig vermessene Karten ein, auf denen auch das durch Fliegeraufnahmen genau dargestellte eigene und feindliche Stellungssystem verzeichnet war. (B.-B.S.4 u. 5)
Mittels einer Quadrateinteilung mit ablesbaren Quadraten bis herab zu Geländeteilen von 25 m Seitenlange ließ sich auf dieser Karte jedes Ziel im Gelände bezeichnen und dann anrichten. Es genügte also zur Zielbezeichnung die Angabe des Planquadrates, in welchem das zu bekämpfende Ziel gelegen war; z. B. 4732 af.
So entstanden die auf Holztafeln gespannten Batteriepläne, mittels deren ein Planschießen erfolgreich durchgeführt werden konnte. Das geschah teils unter Mitwirkung des Schall- oder Lichtmetztrupps, am wirksamsten aber dann, wenn die Beobachtung der Lage der Schüsse zu der ermittelten feindlichen Stellung vom Ballon oder Flugzeug aus dem Batterieführer für seine Korrekturen mitgeteilt werden konnte. Ein nach der Beschießung vom Flugzeug aufgenommenes Trefferbild gab dann Aufschluß über die Lage der Schüsse zum Ziel.
Neben solchem indirekten Schießverfahren hatten die Batterien natürlich auch Gelegenheit, sich bietende Einzelziele, wie Minenwerfer- und M.G. Stellungen, Unterstände u. a. im normalen Verfahren zu bekämpfen.

Die Feuerstellungen.

Wie die Infanterie ihre Gräben mit der Zeit immer besser gegen Wetter und Beschuß ausbaute, so war auch in gleicher Weise die Artillerie bemüht, sich in ihren Feuerstellungen wohnlich einzurichten und so gut es ging durch Eingraben und Balkenbauten, später auch durch Verwendung von Eisenbeton Bedienung, Geschütze und Munition vor der Wirkung feindlicher Geschosse zu schützen. Das geschah je nach den örtlichen Verhältnissen auf verschiedene Weise, aber immer unter dem Zwange der Notwendigkeit, die Stellung der Lufterkundung zu entziehen. Darum erfolgte ihr Einbau unter Deckung bietenden Bäumen, in Läufern oder durch künstlich geschaffene Tarnung mit Lilfe von Strauchwerk, ausgespannter Netze und ähnlicher Mittel.
Für die Feuerbereitschaft in der Batterie sorgten feste Geschützstände, Festlegung des Hauptrichtungspunktes, Ziel- und Sperrseuertafeln sowie Alarmvorrichtungen. Später trat noch hinzu eine Sicherung gegen Nahangriffe durch Amdrahtung der Stellung und ihre Ausstattung mit M.G.'s, Karabinern und Handgranaten.
Neben den besetzten Feuerstellungen wurden in deren Nähe Wechselstellungen festgelegt, in welche vom Feinde erkannte und unter ständigem schweren Beschuß liegende Batterien ausweichen konnten; weitere Stellungen wurden sür Verstärkungsbatterien für den Fall vorbereitet, daß sich vermehrter artilleristischer Einsatz zur Abwehr feindlicher oder zur Durchführung eigener Angriffe als nötig erweisen sollte.

Feuerleitung

Die Feuerleitung durch die Vorgesetzten Kommandostellen erfolgte aus weiter rückwärts gelegenen, die Verbindung mit den unterstellten Einheiten gewährleistenden Gefechtsständen; sie lagen in der Regel bei oder in der Nähe der entsprechenden Infanterie-Kommandostellen, und wechselten in ihrer Anlage zwischen primitiven Erdstollen und schutzsicheren Betonbauten.
Die Notwendigkeit, in jedem Teil des Divisions-Abschnittes alle hier austretenden Ziele bekämpfen zu können, führte zu der Maßnahme, Feld- und schwere Batterien, auch solche verschiedener Truppenverbände, in „Gruppen" und „Untergruppen" unter einheitlicher Leitung zusammenzufassen. Für besondere Unternehmungen traten auch besonders zusammengesetzte Kampfgruppen in Tätigkeit.

Protzenquartiere

In den Feuerstellungen befand sich von der Batterie nur die zur Gesechtstätigkeit notwendige Bedienung; alle anderen Unteroffiziere und Mannschaften sowie die Pferde und Protzen, die Munitions- und Bagagewagen wurden in Ortschaften oder Lagern, möglichst jenseits der Grenze des feindlichen Artilleriefeuers untergebracht. Hier waltete auch der Wachtmeister in seinem Dienstzimmer, verantwortlich für den inneren Dienst und für die nun einmal auch im Felde nicht ruhende Schreibarbeit. Noch wichtiger, wenigstens nach der Ansicht der Truppe, war eine andere Persönlichkeit, der an seiner Feldküche hantierende Koch. Pünktlicher wie jeder Dienst wurde die Zeit der Essenausgabe innegehalten. In die Feuerstellungen wurde die Verpflegung durch besondere Essenträger hinausgebracht. Das geschah nicht immer ohne Gefahr. In Landwerkerstuben wurde Schuhzeug und Bekleidung in Ordnung gebracht.
Besondere Sorgfalt erfuhr unter Aussicht des Futtermeisters die Pflege der Pferde. Oft bot sich die Möglichkeit, sie zu Gespannleistungen für die Zwecke der Feldarbeit zur Anterstützung der heimatlichen Ernährungslage heranzuziehen.
Wenn die Lage es gestattete, wurden in regelmäßigem Wechsel Batterien aus ihren Feuerstellungen in ihre Protzenquartiere zurückgenommen, wo sie in „Reserve-Stellung" Gelegenheit hatten, sich einmal gründlich zu reinigen, Bekleidung, Ausrüstung und Material in Stand zu sehen. Auch wurde hier stets die Ausbildung für den allseitig immer wieder erhofften Bewegungskrieg gefördert.
Noch weiter rückwärts lagen die leichten Munitionskolonnen der Abteilungen; in ihnen hatten die Batterien die erste Munitionsreserve. An Kampftagen erforderte die Lage nicht selten ihr Vorziehen bis an die Feuerstellungen. Dann gab es schwere Arbeit und verlustreiche Tage und Nächte für Mann und Pferd.
In dem vorstehend geschilderten Nahmen spielte sich an ruhigen wie an kampfdurchtobten Fronten grundsätzlich der artilleristische Stellungskrieg ab. Die Gleichmäßigkeit seines Ablaufes erübrigt daher spätere Wiederholungen; der Mitkämpfer wird aber in den Darlegungen genügend Anhaltspunkte zur Auffrischung seiner eigenen Erlebnisse finden.
Nachdem die Vorverlegung der Division in ihre neue Stellung durchgeführt war, wickelte sich von Anfang April an der Stellungskrieg in den geschilderten Formen ohne besondere Ereignisse ab. Der Stellungsbau unter Leitung fachkundiger Bauoffiziere trat in den Vordergrund, wobei beide Gegner bemüht waren, sich daran zu hindern und wieder zu zerstören, was der andere hergestellt hatte. Zum Kampf stärkerer Abteilungen kam es nur noch im Raum vor dem rechten Flügel der verstärkten Division, dessen Hauptstellung sich noch auf dem von Igney nach Schloß Türkheim in Blâmont, parallel der Straße Igney- Blâmont sich hinziehenden Höhenrücken befand; die in Linie Leintrey- Gondrexon-Chazelles-Domevre verlaufende Vorpostenstellung wurde erst in der zweiten Jahreshälfte zur Hauptstellung ausgebaut. In den anderen Abschnitten konnten nur noch Patrouillen tätig sein; sie wurden ausgeschickt, um Erkundungen auszuführen, Gefangene zu machen oder sonst den Franzosen Schaden zuzufügen. Das geschah Nacht für Nacht und in so ausgiebiger Weise und mit einem so wagemutigen und frischfröhlichem Angriffsgeist, daß der deutsche Soldat sich mit Stolz rühmen konnte, das Gelände bis zum feindlichen Drahtverhau zu beherrschen.
In den Schützengräben lagen Posten und Scharfschützen auf der Lauer, jeden drüben unvorsichtig sich Zeigenden abzuschießen, so daß, wie sich, jeder erinnern wird, von allen Seiten der Knall einzelner Gewehrschüsse hörbar war. Im weiteren Verlauf vermehrte das Krachen von Handgranaten und Minen den Gefechtslärm. Am lebhaftesten ging es dabei in der Chamoix und Carriere-Stellung zu. Doch war es in erster Linie die Artillerie beider Fronten, die mit ihrem bald stärker anschwellenden, bald schwächer werdenden Feuer noch vernehmlicher daran erinnerte, daß auch hier der Krieg ununterbrochen seinen Fortgang nahm. Die artilleristische Kampftätigkeit galt in erster Linie den feindlichen Batterien; nebenher ging die Beschießung von Schützengräben, Unterständen, von Schanzarbeitern; Abgabe von Störungsfeuer bei Tag und Nacht.
Die beiderseitige Beschießung der in der Kampfzone liegenden und zwangsweise von den Einwohnern geräumten Ortschaften legte mit der Zeit alles in Schutt und Trümmer, was einst menschliche Wohn- und Kultstätten gewesen waren. Wer in Brémenil, Parux, Montreux, Harbouey, Petitmont gelegen hat, kann ein Lied davon singen (B.-B.S.3).
So herrschte auch an dieser Nebenfront eine Gefechtstätigkeit, die zwar, gemessen an den Hauptkampfsronten, nur sehr gering war, die aber doch täglich Opfer an Toten und Verwundeten forderte.
Im Juni kam es noch einmal zu ernsteren Kämpfen, und zwar am rechten Flügel, an denen auch die 1./48 und 1./28 beteiligt waren. In der Nacht vom 19./20. griff der Franzose nach heftiger halbstündiger Artillerievorbereitung mit mehreren Bataillonen die Vorpostenstellungen des Gren.Landw.Regts. 100 bei Gondrexon und die des benachbarten 4. bayr. Landw.Regts. bei Leintrey überraschend an. Es gelang ihm, mehrere umdrahtete Vorposten-Stützpunkte zu nehmen und sie trotz aller sich sehr verlustreich gestaltenden Gegenangriffe am 20. und 21. Juni, durch Einsatz immer neuer Verstärkungen zum Teil zu behaupten.
Da die feindlichen Angriffe an der Nahtstelle der beiden Divisionen lagen -, die 5. bayr. Landw.Brig. war Mitte Mai aus dem Verband der 19. Ers.Div. in den der 1. bayr. Landw.Div. Fischer übergetreten -, machte sich eine einheitliche Kampfführung der hier eingesetzten Truppen beider Divisionen nötig. Sie wurden zu diesem Zweck mit den aus der Armeereserve zur Verfügung gestellten Verbänden dem General von Anger von der 7. Kav.Div. unterstellt. Dem so organisierten einheitlichen Widertsand gelang es, alle weiteren bis Ende Juni sixh wiederbelenden feindlichen Angriffe zum Scheitern zu bringen. Danach setze bis Jahresende der reine Stellungskrieg mit seiner verhältnismaßigen Ruhe wieder ein.

Artilleristische Organisationsund Gefechtsabschnittsänderung.
Bildung von Ersatz-Feldartillerie-Regiment 45

In dieser Zeit vollzog sich artilleristisch eine wichtige Organisationsänderung. Bisher waren die 4 Ersatzabteilungen den Infanteriebrigaden unterstellt gewesen. Ihr Einsatz innerhalb des Divisionsabschnittes entbehrte der einheitlichen Zusammenfassung. Ende Juni standen, den Infanterie-Abschnittskommandeuren unterstellt, von der Feldartillerie:
im Abschnitt des Gren.Landw.Regts.100: Ers.Abt. 32 und 1./28;
im Abschnitt der 47. Ers.Brig.: Ers.Abt. 77 und 1./48;
im Abschnitt der 45. Ers.Brig.: Ers.Abt. 28 (ohne 1.) und ein Zug 2./48; 2 Züge der 1./28 fanden als Flak-Züge, Stab und 2./48 als Divisionsreserve Verwendung.
Das Bedürfnis nach einer der Organisationsform der aktiven Divisionen entsprechenden Gliederung führte bereits Mitte Juli zur Aufstellung des Stabes einer 19. Ers.Feldartilleriebrigade. Zu ihrem Kommandeur wurde Oberst Richter, bisher Kommandeur des Feldartillerie-Regiments 28, ernannt und mit Führung dieses Regiments Major Eppendorfs belieben. Die Neuregelung der Befehlsverhältnisse trat unter Aufhebung der infanteristischen Unterstellung am 4.September in Kraft. Die 4 wirtschaftlich und disziplinell noch selbständigen, im Juli und August zu je 3 Batterien zu 4 Geschützen umformierten Abteilungen hatten nunmehr - ebenso wie die der Division zugeteilte schwere Artillerie - in der 19. Ers.Felda.Brig. ihre einheitliche oberste Waffenspitze.
Die gesamte Artillerie gliederte sich taktisch in 2 Hauptabschnitte, Nord und Süd, mit je 2 Unterabschnitten, Nord A und B und Süd A und B. Die weitere Gliederung und Ausstattung des Regimentsabschnittes Süd mit Batterien zeigt die Skizze.
Abschnittskommandeur Nord war Major Rothe (Ers.Abt. 32), Süd Major Bäßler (Ers.Abt. 48); Unterabschnitt Süd A war Major Engel (Ers.Abt. 77), B: Major Reinhardt (Ers.Abt. 28). Abgeschlossen wurde die feldartilleristische Gliederung durch die Ende Dezember 1915 erfolgte Aufstellung zweier Regimentsstäbe. Es wurden gebildet:
aus Ers.Abt. 28 und 48: das Ers.Felda.Regt.45 unter dem Regimentskommandeur Major Brückner, bisher im Generalkommando XII.R.K.

aus Ers.Abt. 32und 77: das Ers.Felda.Regt.47 unter dem Regimentskommandeur Major Fischer, bisher Abteilungskommandeur im Felda.-Regt. 64.
Die Gefechtsabschnitts-Einteilung mit ihrer artilleristischen Ausstattung blieb bestehen.
Das Ers.Felda.Regt. 45 erhielt den Gefechtsabschnitt Süd;
Das Ers.Felda.Regt. 47 erhielt den Gefechtsabschnitt Nord.
Der Abschnitt Süd A (Vezouse-Abschnitt) trat unter Major Bäßler;
Der Abschnitt Süd B (Vogesen-Abschnitt) trat unter Major Reinhardt.
Der Regimentsgefechtsstand befand sich am Südausgang von Petitmont; wegen des unübersichtlichen Wald- und Berggeländes erwies sich aber noch ein zweiter als notwendig; er wurde neben dem der 45. Ers.Inf.Brig. auf der „Bergerie" eingebaut.
Der Gefechtsstand von Süd lag in Nonhigny, später in Harbouey, der von Süd 8 auch auf der Bergerie. (Fernsprechvermittlung B.-B.S.3.)

Kriegslage Ende 1915.

So ging das Jahr 1915 zu Ende. Während es für die Division, die nunmehr ihre Amgliederung in die Organisationsform einer aktiven Division beendet hatte, keine großen Kampfhandlungen gebracht hatte, war es dafür an anderen Fronten um so heißer hergegangen.
Auf den Nachbarabschnitten kam es rechts bei der Armee- Abt. Strantz und links bei der Armee-Abt. Gaede im Laufe des Jahres mehrfach zu sehr verlustreichen Angriffs- und Abwehrkämpfen, die aber an der Gesamtlage dieser Fronten nichts änderten.
Die Hauptlast des Kriegsjahres 1915 hatte der rechte deutsche Heeresflügel zu tragen und in andauernden Kampfhandlungen französische und englische Durchbruchsversuche abzuwehren. Sie richteten sich im wesentlichen gegen die Frontabschnitte der 6. und 3. Armee und fanden ihre Höhepunkte in den Frühjahrsund Herbstschlachten im Artois (zwischen Arras-La Vassee) und in den Frühjahrsund Herbstschlachten in der Champagne östlich Reims (zwischen Massiges- Auberive). Sie scheiterten, wenn auch unter schweren beiderseitigen Verlusten.
 

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