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Témoignage d'un historiographe saxon - 1915 (2)
Texte en langue allemande
Voir Témoignage d'un historiographe saxon - 1915


Eine Fahrt zu den Sachsen an die Front.
Otto Eduard Schmidt
1915

22. März 1915.
Früh nach 8 Uhr besteige ich den von Saarburg an die deutsche Grenze nach J. fahrenden Zug. Dorthin bin ich vom Sächsischen Kriegsministerium auf 10 Uhr telephonisch angemeldet, und dort hoffe ich von der xten Division übernommen zu werden. Das Wetter ist verhältnismäßig warm und schön, die Gegend ohne besonderen Reiz: ein nur mäßig gewelltes Hügelland; rot- und weiß gefleckte Rinder ziehen mit dem Pfluge tiefe Furchen in das rotbraune Erdreich, die Wiesen sind durch Gräben wohlbewässert; die lothringischen Ortschaften mit ihren niedrigen, eng zusammengeschachtelten Häusern haben im Vergleich zu den mitteldeutschen Bauerndörfern etwas Gedrücktes, alles sieht friedlich aus. Doch halt - da ist etwas Neues: rechts von der Bahn ein zerschossenes Haus und nicht weit davon ein viereckiger, rasenumsetzter Hügel mit weißem Holzkreuz. Das erste Soldatengrab! Eine warme Blutwelle steigt mir zum Herzen. Hier also, noch auf deutschem Boden, haben deutsche Brüder nicht nur Wunden empfangen, sondern ihr Leben gelassen, damit wir drinnen Frieden hätten. Noch manches solche weiße Kreuz leuchtet aus dem grünen Teppich der Flur, bis der Zug um 10 Uhr in J. hält. Hier empfängt mich Hauptmann Zickmantel, der im Frieden Rittergutsbesitzer in Seegeritz bei Leipzig, jetzt aber dem Stabe der xten Division als Offizier der Furagekolonne zugeteilt ist. Eine kurze Rutofahrt bringt uns in die Mitte des Dorfes, wo das ehemalige Gasthaus zum Kasino des Divisionsstabes hergerichtet ist, schlichte, niedrige, aber trauliche Räume, noch festlich mit Tannengrün geschmückt, weil am 20. März Se. Majestät der König von Sachsen hier seine Truppen besucht hat. Das Kasino ist leer. Alle Offiziere des Stabes sind stark beschäftigt, weil seit früh 7 Uhr ein Angriff der Franzosen auf die südwestlich des Ortes befindlichen deutschen Stellungen im Gange ist, die am 27. Februar durch einen von langer Hand vorbereiteten, auf der ganzen Frontlinie von Lagarde bis zum Tal der Plaine ausgeführten Angriff den Franzosen entrissen wurden. Unaufhörlich rollt der Kanonendonner von dem etwa 10 Kilometer entfernten Schlachtfelde zu uns herüber. Nun war ich wirklich in der Zone des Krieges, und dieser Tag sollte mich den Orten, wo mit Erbitterung um eine Entscheidung gerungen wurde, noch viel näher bringen. Doch zunächst galt es, das näher liegende Gelände kennen zu lernen. Ein vom Hauptmann Zickmantel am Rhein-Marne-Kanal erlegtes Wildschwein lieferte den Hauptstoff zu einem kurzen Frühstück. Dann bestiegen wir, da alle Autos dienstlich gebraucht wurden, mit dem Hauptmann Laux aus Weimar, der seinen Sohn, den Adjutanten der Division, hier besuchte, einen Zweispänner und fuhren durch Deutsch-und Französisch-Avricourt nach der die ganze Gegend beherrschenden Höhe von Igney. Unterwegs erzählt mir Hauptmann Zickmantel mancherlei von den Erlebnissen und Taten der Division, Mitteilungen, die mir später durch Erzählungen anderer Offiziere des Divisionsstabes ergänzt wurden. Die Aufgabe der Division war um so schwieriger, als Frankreich hier sein bestes Fußvolk, die Alpenjäger, eingesetzt hatte. Aber der Heldenmut der Offiziere und Mannschaften ersetzte, was etwa anfangs an Zahl der Streiter und an Kriegsgerät fehlte. Bald in strafferer, bald in loserer Fühlung mit den aus Deutsch-Lothringen in Frankreich einbrechenden Heeren durchquerte sie unter furchtbaren Kämpfen mit einem 3ähen und verschlagenen Gegner die nördlichen Vogesenpässe und drang im Tal der Meurthe bis Saint Michel (bei Saint-Dié) vor, dann aber, seit dem 12. September, nötigte die allgemeine Rückwärtsbewegung auch die Division zum Rückzuge auf Saarburg. Von dort aus hat sie erst allmählich wieder in den französischen Vogesen festen Fuß gefaßt. Blamont und Cirey wurden erobert und gesichert, das Hauptquartier südwestlich vorgeschoben, und in mehrtägigen Kämpfen, vom 26.-28. Februar, wurde in überraschendem Ansturm von Blamont und Cirey aus die ganze Front in einer Breite von 20 Kilometern um 5-10 Kilometer bis nahe an Badonviller vorgeschoben.
Während dieses Berichts haben wir die Höhe von Igney erreicht. Ein entzückendes Landschaftsbild liegt vor uns; südöstlich die schöngeformten Häupter der Vogesen, überragt von dem mit so viel deutschem Blut wiedergewonnenen Donon (1008 m), nach Westen zu in der Tiefe der große Wald von Parroy und im Südwesten das am 28. August von den Deutschen erstürmte Fort Manonviller, dessen zusammengeschossene Trümmer bald von uns, bald von unsern Gegnern gehalten werden. Ruch sonst gab es in der Umgebung dieser Höhe viel zu sehen: vorzüglich angelegte und entwässerte Schützengräben, in denen man ohne Gefahr wandern konnte, weil sie jetzt weit von der vorgeschobenen Front liegen, wohlgedeckte Haubitzenbatterien, Artilleriebeobachtungsposten mit Scherenfernrohr, die einen fernen Gegenstand in unglaublicher Klarheit erkennen lassen; doch müssen alle näheren Angaben aus begreiflichen Gründen unterbleiben. Schließlich bestiegen wir wieder unsern Wagen und fuhren durch Avricourt links abbiegend an den Rhein-Marne-Kanal und diesen entlang bis zum großen Stauweiher und dann nach J. zurück. Mein Quartier war eine Oberstube in dem modernen, geräumigen Pfarrhaus, ein Artillerist aus Thüringen stand mir als Ordonnanz zur Verfügung. Halb 2 Uhr findet im Kasino das Mittagessen statt. Alles versammelt sich vorher in dem niedrigen Eßzimmer, in dem nur mit kunstvoller Ausnutzung jedes Raumteilchens die für den Divisionsstab und seine Gäste nötigen Sitzplätze herausgebracht werden. Stabschef ist Oberstleutnant von Berger, außerdem komme ich mit Major von Nostitz-Wallwitz und mit Hauptmann von Kracht ins Gespräch, in dem ich einen lieben früheren Schüler wiedererkenne; der Generaloberarzt Dr. Friedrich, aus Leipzig stammend, ist Professor der Medizin an der Universität Kiel. Außer dem Hauptmann Laux und mir ist Hauptmann Adam vom bahrischen Generalstab als Gast da. Der Verkehrston ist von ungezwungener Munterkeit, Mittelpunkt des Gespräches das am Morgen entbrannte Gefecht bei Bréménil und Parux. Plötzlich wird alles still, jeder stellt sich zurecht: Se. Exzellenz der Divisionskommandeur erscheint in der Tür. Jeder verneigt sich tief, dann werden die Plätze eingenommen. Eine solche Begrüßung des führenden Generals, wie ich sie hier und in den andern sächsischen Hauptquartieren erlebte, macht auf den Zivilisten einen ausgezeichneten Eindruck. Man merkt in diesen Hauptquartieren, daß die gemeinsame ernste Arbeit und die gemeinsame Gefahr ein unzerreißbares Band zwischen diesen Männern gewoben hat, das in gewissem Sinne dem jüngsten Leutnant dieselben gesellschaftlichen Rechte, namentlich auch Redefreiheit, einräumt wie dem Kommandierenden, und doch zeigt sich in der Art der Begrüßung des Kommandeurs beim Kommen und Gehen eine so ausgesprochene innere Hochachtung vor dessen Stellung und Person, das man in ihr die notwendige Ergänzung zu der Kameradschaft erblicken muss. Im übrigen hat der Krieg alles Leere, alles lästige Außenwerk von den Formen des Verkehrs abgestreift: nur der Kern des Mannes gilt und wird geachtet. Die Verpflegung ist nahrhaft und ausreichend, aber schlicht; Wein und Bier wird in sehr geringen Mengen genossen, und von den Sektgelagen, die sich gewisse Kreise in der Heimat mit Offizierszusammenkünften untrennbar verbunden denken, habe ich wenigstens bei meinem dreiwöchigen Aufenthalt in sächsischen Hauptquartieren nichts gesehen. Das Gespräch dreht sich um das seit dem Morgen tobende Gefecht: der Chef berichtet dem General ausführlich über den augenblicklichen Stand, auch während des Essens gehen neue telephonische Meldungen ein. Hauptmann von Kracht, der bahrische Generalstäbler und ein preußischer Leutnant werden abgeordnet, nach dem Essen zu dem das Gefecht leitenden General von S. und in einige der Front näherliegende Ortschaften zu fahren, und ich bin so glücklich, die Herren begleiten zu dürfen. Das Auto lenkt ein Mitglied des K. S. Automobilklubs, der Verlagsbuchhändler Gäbler aus Leipzig. Es ist ein wundervoller, ganz klarer Frühlingsnachmittag, die Lerchen singen über der besonnten Flur wie im tiefsten Frieden, aber vom Westen her dröhnen die Kanonen. Wir fahren von der Höhe, auf der das Hauptquartier liegt, südwärts hinunter, vorüber an dem Schlöschen Ste. Marie, das einem französischen Zweige der Familie von Hausen gehört. Der Herr des Schlößchens dient im französischen Heere, sein Schloß ist wohlerhalten, aber im Parke mussten einige Bäume fallen. Dann fahren wir an den Standort des Generals von S. und von da in das Städtchen Blamont ein, das von einer mittelalterlichen Burg und einem neueren Schlosse überragt wird. Von Blamont biegen wir ostwärts ab und gelangen durch das Tal der Vezouse nach C. Der Ort ist teilweise arg zerschossen, und zwar von den Franzosen, die hier am 17. und 18. November 1914 mit einer Division unsern linken Flügel einzudrücken versuchten. Unversehrt ist das Schlösschen inmitten seines herrlichen Parks: es trägt noch schmückende Girlanden und die Buchstaben FA vom Besuch des Königs von Sachsen, der nicht weit von dieser Stelle am 20. März ins Granatfeuer des Feindes geriet; der Standpunkt, von dem aus unser König die französischen Stellungen beobachtet hatte, wurde am folgenden Tage durch Granatfeuer völlig zerstört. Wir gehen nun zu Fuß durch C. Die großen leerstehenden Spiegelfabriken sind in Soldatenquartiere umgewandelt; am Bahnhof steht ein Lazarettzug - und siehe, da bringt man auf Bahren, jede von 4 Sanitätssoldaten auf den Schultern getragen, die ersten Verwundeten aus dem Gefecht und bettet sie in den Lazarett-
zug. Die Gesichter sind blaß oder bronzefarben, das macht der ausgestandene Schmerz und der Blutverlust, aber lautlos zieht der ernste Zug vorüber, keine Schmerzensklage ertönt aus den von Kugeln und Granatsplittern verletzten Leibern. Alle sind sorgfältig in Decken gehüllt, der erste Motverband ist ihnen auf dem Schlachtfeld selbst angelegt worden. Sie haben bei allem Schmerz, da sie mittels des Zuges noch heute in die geordnete Pflege des großen Saarburger Lazaretts kommen, ein beneidenswertes Los im Vergleich zu denen, die wegen des feindlichen Feuers nicht vom Schlachtfeld weggetragen oder nicht aufgefunden werden; aber auch für diese ist man auf Hilfe bedacht: eben gehen Mannschaften mit einer Anzahl von Sanitätshunden hinaus. Ubrigens sind die Kinder in C. derartige Kriegsbilder so gewöhnt, das sie sich durch das Erscheinen der Verwundeten nicht im geringsten in ihrem Spiel stören lassen. Unweit des Zuges treffen wir auch, da eine Gefechtspause eingetreten ist, den Regimentskommandeur, Oberst Graul, und den Befehlshaber der unserseits verwendeten Artillerie, Major Eppendorf; wir hören von ihnen, daß der mit starken Kräften unternommene Vorstoß der Franzosen abgeschlagen ist, daß wir 12 Tote und 61 Verwundete, die Franzosen aber schätzungsweise 150 Tote und 500 Verwundete verloren haben, von denen ein Teil zwischen unsern Drahtverhauen hängt. Diese Verhaue vermochten die Feinde nicht zu durchschneiden. Für die Nacht wurde eine Erneuerung des Angriffs befürchtet. Hier traf ich auch meinen jungen Freund, den Pionieroberleutnant Reinhardt, der seit Beginn des Krieges in diesen Gegenden tätig ist und sehr wichtige Arbeiten ausgeführt hat. Wir bestiegen
von neuem das Auto und erreichten in südlicher Fahrt durch Schmidt, Fahrt zu den Sachsen herrlichen Buchenwald Schlos Chatillon, das auf der rechten Berglehne des waldigen Tales scheinbar ganz unberührt vom Kriege geblieben ist. Um einen aus roten Steinquadern errichteten runden Bergfried ordnet sich ein ebenfalls rötlicher, viereckiger Schloßbau, auf felsigem Grunde zwischen efeuumrankten Bäumen errichtet. Der Brunnen plätschert, die Vögel singen im nahen Busch, sonst ist alles still, kein Mensch zu sehen. Aber wenn wir näher
treten, erkennen wir, daß hier nicht die liebliche Romantik Eichendorffs, sondern eine schauerliche Romantik herrscht. Der stille Schloßgarten ist zugleich ein Friedhof: hier liegen die braven bahrischen Landsturmleute begraben, die das Schlos mit erstürmt haben, und im Innern des Schlosses auf dem Teppich des Billardzimmers ist eine Blutlache eingetrocknet, das ist das Blut des Barons de Kloppstein, der mit der Jagdflinte auf die Deutschen schoß und hier tödlich getroffen zusammensank. Das Fenster des Billardzimmers zeigt auch von außen eine Kugelspur an der andern, und im Grase davor fand ich zwei Papphülsen der vom Baron verwendeten Patronen: sie tragen den Stempel M. G. & CieParis. Sie stehen jetzt als Dokumente dessen, was hier geschehen ist, auf meinem Schreibtisch. Noch ehe die Sonne sank, trug uns das Ruto wiederum durch C. in unser Quartier zurück. Dort sah ich die in einem großen, altertümlichen Hofe untergebrachten Dienstzimmer des Stabes. Beim Abendessen im Kasino kann ein voller Sieg über die Franzosen gemeldet werden; freilich
mitten hinein in die allgemeine Freude kommt die Kunde vom Falle der Festung Przemysl. Aber merkwürdig, sie macht nicht den niederschlagenden Eindruck, den ich befürchtet hätte: die Festung hat durch ihren langen zähen Widerstand eine größere und wichtigere schaffen helfen: die Befestigung der Karpathenpässe. Wenn die vereinigten Osterreicher und Deutschen diese zu halten vermögen, so läßt sich der Verlust von Przemysl verschmerzen.

 

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