Geschichte des 4.
württembergischen Infanterie-Regiments No. 122 Kaiser Franz
Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn, 1806-1906. Auf
befehl des königlichen regiments bearbeitet
Herbert Müller,
Ed. 1906
II. Das II. Bataillon auf dem Marsch durch
die Vogesen.
(1. Oktober bis 13. Oktober.) [1870]
Der Bataillonsstab mit der 6. Kompagnie
marschierte über Hochfelden nach Maursmünster (Marmoutier), die
7. Kompagnie über Hochfelden nach Wasselnheim (Wasselonne), am
andern Tag nach Kirchheim. Die 8. Kompagnie fuhr nach erfolgter
Ablösung von Hagenau nach Zabern und marschierte am 2. Oktober
nach Wasselnheim. Die 5. Kompagnie wurde von Sulz mit der Bahn
nach Zabern befördert, von wo sie nach Maursmünster marschierte.
Das Bataillon hatte die Bevölkerung im Zaum zu halten, die
Ausgänge aus den Vogesen zu bewachen und zu diesem Zweck täglich
Streifzüge ins Gebirge bis Garreburg, Haselburg und Dagsburg zu
unternehmen.
In der zweiten Hälfte des September waren mehrfach größere
Detachements gegen die Franctireurs und Mobilgarden in die
Vogesen entsandt worden. So am 18. September die Kolonne unter
Major von Elern), und am 21. September eine gemischte Abteilung
der badischen Division (II./4. und 6./5., eine Schwadron des 3.
Dragonerregiments, und ein Zug der 4. leichten Batterie) unter
Major Held.
Nach dem Falle Straßburgs rückte General von Degenfeld mit 6
Kompagnien, 2 1/4 Schwadronen und 2 Batterien in zwei Kolonnen
durch die Vogesen vor und besetzte am 5. Oktober nach kurzem
Widerstand Etival und Raon l'Etape.
Am selben Tag erhielt auch das II. Bataillon den Befehl, die
Vogesen zu überschreiten. Die Halbbataillone marschierten für
sich. 5. und 6. Kompagnie mit dem Bataillonsstab gelangten nach
sehr beschwerlichem Marsch - die Wagen mußten zurückgelassen
werden und wurden über Zabern-Saarburg nach Lörchingen (Lorquin)
geführt - von Maursmünster über Dagsburg nach Walscheid. Das
zweite Halbbataillon mit dem Regimentsstab kam von Wasselnheim
über Dagsburg nach Lörchingen. Dort vereinigte sich das
Bataillon am andern Tag wieder. Seiner Stellung entsprechend
hatte es zusammen mit den andern in dieser Gegend liegenden
Truppen die Bestimmung, im Anschluß an das Korps Werder, das mit
seiner Vorhut unter General Degenfeld von Straßburg bis nach St.
Dié und Baccarat vorgerückt war, die Vogesenpässe gegen das
Plainetal zu besetzen. Das Kommando aller dieser Truppen, welche
zum Schutz der Bahnstrecke Saarburg-Lunéville vorgeschoben waren,
wurde vom Generalgouverneur von Lothringen dem Obersten von
Hügel über tragen. Laut Meldung desselben standen seine Truppen
am 6. Oktober folgendermaßen:
1. In Saint Clément im Meurthetal zur Sperrung der Straße
Baccarat-Lunéville Major von Mensch mit 3 Kompagnien und 21
Reitern;
2. In Ogéviller an der Straße Badonviller-Lunéville und in
Domévre an der Straße Baccarat-Blamont Major von Elern mit 1
Bataillon, 1/2 Eskadron und 2 Geschützen;
3. In Blamont: 1 bayrische Landwehr-Kompagnie und 1 Schwadron
vom 6. bayrischen Chevaurlegers-Regiment;
4. In Lörchingen: unser II. Bataillon mit 1 Schwadron des 2.
preußischen Reserve-Ulanen-Regiments.
Nachdem dann die 8. Kompagnie nach Niedenhofen verlegt worden
war, rückte das Bataillon auf Befehl des Obersten von Hügel am
7. Oktober nachmittags 5 Uhr zur Unterstützung des Generals von
Degenfeld, der in der Gegend von St. Dié tags zuvor feindliche
Truppen zurückgeschlagen hatte, von Lörchingen ab, die 5. und 6.
Kompagnie mit dem Bataillonsstab nach Bertrambois, die 7. nach
Cirey; die 8. wurde nach Lafrimbole vorgeschoben, von wo sie
Feldwachen und Patrouillen gegen das Gebirge ausstellte. Die
Verpflegung in diesen Orten war mangelhaft. Tags darauf (8.
Oktober) früh 8 Uhr überbrachte der preußische
Ulanenpremierlieutenant von Manteuffel den Befehl zum Abmarsch
übers Gebirge nach Raon sur Plaine. Am andern Tag sollte der
Marsch im Plaine-Tal fortgesetzt werden bis Raon l'Etape.
Dieser Befehl erreichte die 7. und 8. Kompagnie erst nachdem die
selben schon längst ihre Patrouillen weit vorausgesandt hatten.
Es erging deshalb an Hauptmann Natter der Befehl, das zweite
Halbbataillon zu sammeln und mit ihm nachzurücken.
Der Bataillonsstab mit der 5. und 6. Kompagnie und einem Zug
Ulanen begannen 8.30 Uhr morgens den Marsch ins Gebirge. Der Weg
war schlecht und verengte sich schließlich zu einem schmalen
Pfad, der beim Niedergang ins Plaine-Tal durch einen riesigen
Verhau gesperrt war. Nachdem man diesen mit Mühe umgangen hatte
(namentlich der Transport der Pferde verursachte große
Schwierigkeiten), kam man mit Einbruch der Nacht unter großer
Erschöpfung von Mannschaften und Pferden in Raon sur Plaine an.
Kurz vorher hatte das Werdersche Korps denselben Weg gemacht, so
daß jetzt kaum mehr ein Stückchen Brot, geschweige denn Futter
für die Pferde zu haben war. Nach zweistündiger Rast setzte man,
dem erhaltenen Befehl folgend, unter strömendem Regen in
stockfinsterer Nacht den Marsch talabwärts fort. Die Ulanen
mußten in Allarmont zurückgelassen werden, weil die Pferde den
Dienst versagten; endlich kam man 10 Uhr nachts in Celles an.
Celles war das Hauptquartier des Generals von Werder, dessen
Truppen damals im Begriff waren, die Vogesenarmee des Generals
Cambriels bis hinter Epinal zurückzuwerfen (Gefechte bei La
Bourgonce, Rambervillers und Bruyères am 6., 9. und 11. Oktober).
Der Ort war so dicht belegt, daß kein Mann und kein Pferd mehr
unter Dach gebracht werden konnte, außer in der Kirche und im
Schulhaus, wo sich die vollständig durchnäßte Mannschaft ohne
Verpflegung lagerte. Als am andern Tag General von Werder den
vollständig ausgesogenen Ort räumte, ließ er dem Bataillon
einige Hundert Laibe Brot zurück. Außerdem befahl er dem
Bataillon, den Marsch nicht fortzusetzen, da alle Dörfer und
Städte von seinen Truppen besetzt seien. Am andern Tag rückte
die 7. und 8. Kompagnie ebenfalls in Celles ein. Nachdem dann
der Regimentsstab in Badenweiler (Badonviller) eingetroffen war,
rückte die 5. Kompagnie dorthin ab.
Die Kompagnien in Celles hatten die Gegend zu durchstreifen und
die zahlreichen Verhaue, durch welche die Zugänge zum Tal
gesperrt waren, wegzuräumen. Diese Arbeit, sowie die
Fahrbarmachung der durch Abgrabungen ungangbar gemachten Straßen
geschah hauptsächlich durch zusammengetriebene Landeseinwohner,
die fortwährend scharf überwacht werden mußten.
Am 13. Oktober früh ½ 8 Uhr marschierten die drei Kompagnien (ohne
Ulanen) über Raon l'Etape nach Baccarat
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